Die Herzdame liegt und liest, das ist nämlich der Zweck des Kühlungsbornwochenendes, auch wenn es in Schillig stattfindet.
“Chillig in Schillig”, wie man geradezu zwanghaft kalauern muss. Würde sie das Buch sinken lassen, sie würde das Meer sehen, weswegen sie das tatsächlich alle paar Minuten mal macht. Manchmal galoppieren gerade in dem Moment Pferde über den Strand, dann seufzt sie schwer. Über einen Strand zu reiten, das gehört offensichtlich zu ihren unerfüllten Lebensträumen. Den können wir hier aber auch wieder nicht wahr werden lassen, denn dazu müssten wir aufstehen, und das ist abzulehnen. Niemand hat die Absicht, das Bett zu verlassen.
Außer natürlich um sich wenigstens einmal kurz den Ort anzusehen, was im Falle von Schillig tatsächlich sehr schnell zu machen ist. Hier ist nicht viel – und was da ist, ist im März noch geschlossen. Es ist genau so ruhig, wie wir es an diesem Wochenende haben wollen. Offen sind nur die überall an der deutschen Küste in jedem zweiten Haus zu findenden Outdoorjackboutiquen für die Outdoorjackenpartnerlookrentnerpärchen.
Schillig ist baulich kein Highlight, das lieben wohl nur Menschen mit einer ausgeprägten Vorliebe für die Architektur der Achtziger. Aber der Strand! Der Blick! Der Himmel!
Immer, wenn man sich am Horizont etwas satttgesehen hat und sich doch einmal umdreht, staunt man wieder über die Häuser des Ortes. Man kann es sich einfach nicht recht erklären, das fängt schon bei dem Hotel an, dem einzigen großen Haus des Ortes. Ein sechsstöckiges Gebäude mit angrenzenden Ferienwohnungen. Ein großer Komplex, den man offensichtlich ins Nichts gestellt hat, direkt an den Strand. Links, rechts, davor und dahinter nichts als Fläche. Und wie baut man dann, wenn man nichts als Platz hat? Genau, murkelig und verwinkelt. Man kann es nicht begreifen, was die Architekten damals umgetrieben hat, war es eine Sehnsucht nach Enge und Beschaulichkeit, ich weiß es nicht. Ich kenne diese Bauten auch aus meiner Jugend in Travemünde, diese seltsam hingeduckten Häuser mit den schauderhaften Farben in der Außengestaltung. Schlammbraune, moosgrüne, mattrote Verkleidungen an den Balkonen. Dazu knallblau oder klinikweiß lackierte Metallverstrebungen an den Balkonen und, ganz wichtig, große weiße Betonflächen, die im Laufe der Jahre natürlich grünlich-braun anlaufen. Kein Haus aus den Achtzigern altert würdevoll, es sind alles Pflegefälle, betreuungsintensiv und im Grunde ohne Aussicht.
Das Hotel ist aber innen so restauriert, wie es nur möglich war, die Zimmer sind schön und der Blick! Der Blick ist alles wert. Und wenn man am Fenster steht und auf das Meer sieht, das in der Abenddämmerung ununterscheidbar in den Himmel übergeht, wenn man da zusieht, wie die Farbe ganz langsam aus dem Bild verschwindet und man locker mehr als fünfzig Grautöne am sich auflösenden Horizont abzählen könnte, dann sieht man das Hotel gar nicht.
Ungewöhnlich viele Muscheln liegen hier herum, auch sehr schöne. Wenn man so etwas sammelt, das geht hier besser als an vielen anderen Stränden.
Die Herzdame zeigt auf Inseln. Sie hat noch nicht herausgefunden, welche Insel welche ist, das treibt sie um und beunruhigt sie. Sie vergleicht Karten-Apps, Hinweisschilder und Prospekte und wird nicht recht schlau aus dem allen, es lässt ihr einfach keine Ruhe. Mir ist es völlig egal, welche Insel welche ist. Als ich eine seltsam hoch bebaute Insel durchs Zoom-Objektiv genauer betrachtet habe, da war sie ein Containerschiff.
Da hinten liegt eine Insel mit ohne zwei Berge und ja, ich habe Dreck auf der Linse. Schlimm.
Schillig ist ein Ort mit Aufstiegsmöglichkeiten.
Rechts im Bild das Hotel. Es handelt sich um das Hotel am Strand der Kette Upstalsboom und nein, das ist keine bezahlte Werbung. Das Hotel können wir aber tatsächlich für ein entspanntes Wochenende empfehlen, der Strandblick ab dem dritten Stock ist spektakulär und vor allem auch vom Bett aus zu genießen. Das Essen war gut und laut Herzdame ist der Wellnessbereich klein, aber fein, und man sieht auch aus der Sauna aufs Meer, sagt sie. Ich betrete so etwas ja nicht.
Fast alle Menschen gehen hier mit Nordic-Walking-Stöcken herum. Man kommt sich nach einer Weile ganz seltsam vor, wenn man ohne Stock geht.
Das war hier für unser kinderfreies Wochenende wirklich eine hervorragende Wahl – wobei nicht zu übersehen ist, dass die Kinder das hier auch toll gefunden hätten. So viel Strand! Direkt vor der Tür! Es ist wirklich großartig.
Ok, nächstes Jahr Ostfriesland. Denn für dieses Jahr ist Nordfriesland schon gebucht.
Sehnsüchtigen Gruß aus Wien
Birgit
Mensch, da hat man euch selbst an diesem entlegenen Ort ein Schild hingestellt und dann noch euren Namen falsch geschrieben. Buddenbohm heißt das – und nicht „Botterbloom“ – aber daran arbeiten sie ja noch. Der Himmel und der Blick ist das Ziel. Genießt es.
@Birgit: Hey Schillig ist in Friesland ohne Ost- .
Für uns Ostfriesen ist sowas wichtig. 🙂
….wenn das nur nicht so weit weg wäre von HH. Nä, wir bleiben bei Nordfriesland.
Hachja. Himmel über Norddeutschland. Geht kaum schöner.
Hach ja, da werden Erinnerungen wach. Ich habe vor Jaaahhhhren in Horumersiel mit dem Kronsohn gemutterkindkurt. So schööön.
*versinktinErinnerungen*
*beschließtSchilligmalaufdieUrlaubsplanlistezusetzen*
Seufz!
Liebe Grüße aus MV
Frau Spätlese
@Hiskea: Ja eh, Ostfriesland ist westlich von Friesland. Und die Südfriesen sind vermutlich knapp vorm Nordpol. 🙂
Schillig. Unsere alte Hassliebe. 😉
Erstes Mal Schillig: Wohnwagen; Heizung kaputt, draußen saukalt, Regen und Sturm, aber wenn der Himmel aufreisst grenzenloses Nordseeglück. Die Möwen kreischen, der Wind reißt den Windschutz fasst ab und wir gegen den Rest der Welt. Erster Kommentar: Hier fahr ich nie wieder hin!
Die nächsten Jahre: Wir können es nicht lassen. Der Strand einfach herrlich. 2 Wochen im August. Die Sternschnuppen fallen, wir sitzen mit einer Flasche Wein am Strand und haben’s einfach nur gut.
Dann mit Kindern: Unschlagbar! Horumersiel: hat die beste Eisdiele der Welt, Drachenfest am Strand und super Radtouren nach Hooksiel, Kühe, Pferde und Schafe inklusive.
Wir fahren jedes Jahr hin, auch nur für ein Wochenende. Ist so schön nah und ich glaube, wir lieben es, trotz allem, was uns stört und wundert. Vielen Dank für diesen Beitrag.
Herzliche Grüße Mi-Lk
Tanja