Reichertshausen im Landkreis Oberpfaffenhoffen, das klingt als Reiseziel vielleicht etwas originell. Und tatsächlich wären wir da auch gar nicht gewesen, hätten wir dort nicht Verwandtschaft, die erstens supernett ist, die man zweitens viel zu selten sieht, und die drittens strategisch äußerst günstig wohnt, wenn man auf der Route nach Italien Station machen möchte. Und das wollten wir, denn Südtirol ist mit Kindern etwas schwierig zu erreichen, wenn man in Hamburg wohnt und einem der Kinder beim Autofahren immer schlecht wird. Wir wollten nicht tagelang mit dem Auto fahren, deswegen haben einen Teil per Zug gemacht. Wir wollten aber auch nicht mehr als sechs Stunden im Zug verbringen und vor Ort in Italien möglichst beweglich sein, deswegen haben wir den zweiten Teil der Strecke mit dem Auto absolviert. Und das würden wir vermutlich auch wieder so tun, auch wenn man recht lange braucht.
Wir fuhren von München aus bald über Landstraßen, es wurde ziemlich hügelig, wenn auch noch nicht ausgesprochen bergig, aber doch immerhin so hügelig, dass man stellenweise so etwas wie Fernblick hatte. Sagen wir einen mittelweiten Fernblick. Einen mittelweiten Fernblick über eine traumschöne Sommerlandschaft, in der natürlich bayerische Häuser standen, bayerische Kirchen in den Himmel ragten, rotbunte Kühe weideten. Die Söhne waren komplett hingerissen, die kannten so etwas nicht, es sind eben Kinder der norddeutschen Tiefebene.
Laut Sohn I, der förmlich am Autofenster klebte, war es um uns herum “schön wie in Nangilaja”, also wie im Heckenrosental aus den Brüdern Löwenherz von Astrid Lindgren, das war ein Kompliment von beträchtlicher Größe. Wir hielten Ausschau, wo Tengil wohnen könnte, wir stellten uns vor, das Auto sei eine Kutsche und am nächsten Hügel würden Reiter warten, wer weiß, von welcher Truppe. Es war eine spannende Fahrt.
Ich habe es nicht recherchiert, ob der Landkreis Oberpfaffenhofen sonst viel zu bieten hat, aber Landschaft können sie da. Und Hopfen, Hopfen können sie auch. Das weltgrößte (?) zusammenhängende Hopfenanbaugebiet, irgendein Superlativ in der Richtung war es. Wir haben den Hopfen am Abend selbstverständlich feierlich gewürdigt, denn man soll immer regional trinken, das ist ganz wichtig.
Die Verwandten haben einen Garten, im Garten war ein winziger Springbrunnen, in den sich die Söhne sofort gesetzt haben. Das haben sie in Berlin gelernt, da sieht man wieder, dass Reisen wirklich bildet. Ein kleiner Garten, ein kleiner Springbrunnen, ein Wasserschlauch – genug für stundenlangen Kinderspaß. Das sind die Szenen, mit denen man bei der Urlaubsplanung gar nicht rechnet, weil man als Erwachsener auf Reisen immer nach Attraktionen sucht und versucht, möglichst viele einzuplanen, während die Kinder einfach welche finden. Überall. Und vermutlich reist man als Familie klüger, wenn man sich immer noch mehr nach dem richtet, was die Kinder da finden. Ich habe immer noch zu viel Planungsehrgeiz, das muss sich ändern.
Wir sind zwei Nächte bei den Verwandten geblieben, die Söhne hätten den Aufenthalt gerne noch verlängert.
Gefunden hat Sohn II dort in dem kleinen Garten allerdings auch eine schmale Treppe hinterm Haus. Und die hat er so überraschend gefunden, dass er sie im Steilflug hinabstürzte und dann kopfüber in dem Busch links unten landete. Aber Chuck Norris und Sohn II, die friemeln sich nach so einem Sturz einfach die Nadeln aus dem Körper und laufen dann weiter. Wobei er seit diesem Sturz aber konsequent oben ohne herumlief, weil er so coole Schrammen hatte. Man muss auf sein Image achten und es pflegen, auch mit fünf Jahren schon.
Von diesem Zwischenfall abgesehen waren die Söhne sehr zufrieden mit Bayern, sie fanden die Reise an diesem ersten Abend schon sehr lohnend und erfreulich. Nur als unsere Gastgeber nach dem stundenlangen Springbrunnenbad Handtücher mit FC-Bayern-München-Aufdruck reichten, mussten sie sich doch auf ihre norddeutsche Ehre besinnen – und ablehnen. Bevor man sich mit so etwas abtrocknet, geht man lieber nass und trotzig “Pauli!” murmelnd ins Bett, soviel Lokalpatriotismus muss schon sein.
Am nächsten Tag besuchten wir das Kloster Scheyern.Mehr dazu in Kürze.
Liebe Familie Buddenbohm, ich nehme an, ihr wart in Reichertshausen im Landkreis Pfaffenhofen, in der Nähe von Scheyern? Es gibt noch ein Reichertshausen im Landkreis Freising, bei Au in der Hallertau? Das ist aber noch kleiner – auch Hopfen, und auch da bekommt man den guten Hopfengold aus dem Hause Lutzenburger 🙂 Schön, dass ihr ums Eck von meiner Heimat wart und ganz viel Spaß jetzt in Südtirol
Das Kloster Scheyern ist schön, vor allem der Biergarten.!
Und wenn ich mal klugscheissen darf – Reichertshausen gehört zum Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm. ;o)
Mensch, da warte ich immer auf eine Lesung in der Nähe von München, aber dass Ihr 10 km von meinem Wohnort Urlaub macht hätte ich nicht gedacht 🙂 Wahrscheinlich hätte ich mir die Augen gerieben und an eine Verwechslung gedacht, wenn ich Euch in Scheyern gesehen hätte! Eines muss ich allerdings verbessern – Reichertshausen ist nicht der Landkreis Oberpfaffenhofen sondern der Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm! Ich wünsche Euch noch einen schönen Urlaub in Bayern! Viele Grüsse Andrea von Einfach Guad
Von Oberpfaffenhofen werden dafür gelegentlich Weltraummissionen gesteuert, das ist schon auch cool. Und wenn man von dort der Straße durch Weßling folgt, kommt man kurz vor Delling quasi in Nangilima an.
A Hund is a fei scho! Sohn II!
Oh wie schön, ihr wart auf Stippvisite in meiner alten Heimat – der Vergleich mit Nangijala ist wirklich ehrenvoll! Und gleich noch ein Profi-Tipp für den zweiten Teil: Die Hopfengegend im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm ( 😉 nix mit Raumfahrt in Oberpfaffenhofen) heißt lokal auch Holledau. Unser Bürgermeister verstieg sich anno dazumals ja dazu, die Hallertau als die Toskana Bayerns anzupreisen – das stimmt wohl nicht ganz, aber schön ist es dort auf jeden Fall!
Okay, vergessen Sie meinen Kommentar vom Biergarten. Sie haben ALLES, aber auch wirklich ALLES richtig gemacht bei der Erziehung.