Gelesen, vorgelesen, gesehen, gehört im November

Der November ist, was den Medienkonsum angeht, so gut wie gelutscht, da kann die Liste ruhig schon erscheinen. Im Dezember gibt es vermutlich zwischendurch mal eine Vorabliste, denn die Weihnachtsvorlesebücher dieses Haushalts machen nach dem Fest eher keinen Sinn mehr. In Kürze mehr dazu.

Gelesen

Weiter im Knausgård, den hatten wir hier schon. Ich bin aber immer noch im ersten Band, da liegt also noch einiges vor mir. Die Lektüre ist natürlich etwas unfroh, da kommen mir unterwegs immer ein paar leichtere Bücher dazwischen. Aber ich sehe auch noch keinen Grund, den Herrn nicht durchzulesen.

Alex Capus: Eigermönchundjungfrau

Kurze Texte und Erzählungen, locker, leicht und fluffig, Capus gefällt mir nach wie vor sehr. Das perlt. Und: es ist noch Capus da, es gibt es noch etliche ungelesene Bücher von ihm.

Alex Capus: Glaubst du, dass es Liebe war?

Also gleich der nächste Capus. Im Klappentext heißt es: “Alex Capus schreibt Geschichten, die das Leben schriebe, gäbe es nicht schon Alex Capus.” Das ist erstens sehr nett und zweitens sehr schön formuliert und drittens gar nicht abwegig. Ein kleiner, schnell zu lesender Liebesroman über verunglücktes Timing in der Liebe, langen Atem und die Möglichkeiten, seinem Leben erst zu entkommen und dann irgendwann wieder einzusteigen.

Sonja Heiss: Das Glück geht aus

 

Kurzgeschichten, die völlig in Ordnung sind, gute Ideen. Die vielen Superlative aus den Besprechungen kann ich nicht ganz nachvollziehen, aber doch sehr gerne gelesen.

Gerbrand Bakker: Der Umweg – übers. von Andreas Ecke

Das habe ich bisher etwa bis zur Hälfte durchgelesen, eine kleine, wie immer bei Bakker auch gemeine und schmerzhafte Geschichte, eher zurückhaltend und leise erzählt, ein ganz ausgezeichet wintertaugliches Buch. Eine Frau verschwindet nach einer bestimmten Geschichte und einer bestimmten Diagnose aus ihrem Leben, das kam oben beim Capus auch schon vor, fällt mir gerade auf. Seltsam. Der eine verschwindet nach Mexiko, diese hier nach Wales, natürlich gehen die Geschichten dort weiter, natürlich streckt das alte Leben immer weiter die Finger nach den Figuren aus. Beim Capus geht das leichter über die Bühne als beim Bakker, aber wenn man Bakker und Capus kennt, dann erwartet man das auch nicht anders.

Jean-Yves Ferri & Didier Conrad: Der Papyrus des Cäsar – übers. von Klaus Jöken

Asterix

Früher war alles besser, wenn ich das einmal krückstockfuchtelnd anmerken darf. Den Witz von damals erreicht wohl niemand mehr, ich sage nur Korsika oder Spanien – man möchte doch gleich die Luft anhalten, bis wieder ein richtig guter Asterix erscheint. So etwas bleibt unerreicht, damit muss man sich eben abfinden. Aber doch immerhin schön, Obelix dabei zu beobachten, wie er Konflikten aus dem Weg geht, das hat dann doch Spaß gemacht.

Vorgelesen

Jutta Bauer & Arnhild Kantelhardt: Es war eine dunkle, stürmische Nacht

Es war eine dunkle, stürmische Nacht

Das hatten wir schon einmal, eine Vorlesegeschichtensammlung, die den Jungs so gut gefällt, dass wir sie schon mehrfach aus der Bücherei mitgenommen haben. Und es gab zu dem Satz “Diese Geschichte ist eine wahre Geschichte” immerhin eine nette kleine Diskussion über Wahrheit in Texten und Erzählungen. Was ist wahr, was kann wahr sein, gibt es Wahrheit überhaupt usw., mit sechs und acht Jahren wird das allmählich spannend.

Christian Loeffelbein: Willkommen in Professor Graghuls geheimer Monsterschule. Mit Illustrationen von Ina Hattenhauer

Professor Garghul

Grusel, Spuk, Fantasy und Monster stehen hier gerade sehr hoch im Kurs und dieses Buch ist da ein seltener Glückstreffer, weil es tatsächlich beiden Jungs gleich gut gefällt. Das kommt gar nicht so häufig vor, die Geschmäcker gehen doch weit auseinander. Die Kapitel haben ideale Bettkantenlänge und manchmal nette Cliffhänger am Ende, ich war auch zufrieden.

Sadie Chesterfield: Minions – übers. von Antje Görnig

Minion-Buch

Man kann sich nicht immer alle Bücher aussuchen, die vorzulesen sind. Die Söhne waren sehr angetan, ich fand es furchtbar. Aber ich kenne auch den Film oder die Filme nicht und weiß daher nicht, was an diesen Figuren toll sein soll.

Martin Grolms: Pinipas Abenteuer – mit Illustrationen von Annika Kuhn

Pinipas Abenteur

Das Buch hat uns der Verfasser zugeschickt. Pinipa ist die Geheimfreundin von Greta, sie fliegt in einer Seifenblase über Deutschland, das bei der Gelegenheit in detailreichen Bildern gezeigt und erklärt wird. Hamburg, Berlin, München, das Ruhrgebiet, die Lüneburger Heide usw. Die Söhne fanden: „Die Idee ist sehr gut, das mit der Seifenblase ist super. Und Geheimfreundinnen sind auch gut, die braucht man manchmal, und dass Erwachsene die nicht sehen können, das ist ja normal. Die Bilder haben viele Details, fast wie bei Wimmelbildern, da haben wir auch richtig was erkannt, etwa bei Berlin oder Hamburg.“ Laut Klappentext ist das Buch für das Grundschulalter, ich nehme an, erste und zweite Klasse passen perfekt. Allerdings wollen die Söhne nach der Lektüre jetzt einmal das Ruhrgebiet besuchen und eine Zeche besichtigen, es ist kompliziert. Wann soll ich das bloß machen?

Pinipas Abenteuer

Gesehen

Viele Filmausschnitte aus Filmen mit Katharine Hepburn, weil die Dame in der Reihe “Die Herzdame backt” vorkam. Ich hätte mich ohne diese Ausschnitte gar nicht mehr daran erinnert, dass ihre Auftritte auch modisch durchaus interessant waren. Und ich habe jetzt doch große Lust, mir diese Filme noch einmal ganz und in Ruhe anzusehen.

Gehört

Heinrich Heine: Deutschland, ein Wintermärchen, gelesen von Lutz Görner

Das gibt es hier auf Youtube. Heine kann man ähnlich wie Tucholsky ruhig mal wieder lesen oder hören, man stößt auf befremdlich aktuelle Sätze über dieses Land. Überhaupt Vormärz, das könnte man sich alles mal wieder näher ansehen. Wenn man denn Zeit hätte.

Ich habe mir auf Spotify mittlerweile eine nett tanzbare Lindy-Hop-Playlist für noch nicht ganz so weit Fortgeschrittene angelegt, wer bei Spotify ist – bitte hier entlang:

Slim Gaillard

Auf Entdeckungstour durch die Musik der Swingära mache ich immer noch fantastische Entdeckungen, auch Interpreten, von denen ich noch nie etwas gehört hatte – etwa Slim Gaillard. Sehr abgefahrenes Zeug.

Slim Gaillard war auch an dem heiligen Film der Swingszene beteiligt, also an Hellzapoppin, wie man hier sehen kann.

Falls der Filmtitel dunkel bekannt vorkommt – wie hatten da mal eine Erwähnung in unserem “Was machen die da”-Interview mit den Swinglehrern Mareil und Ole.

Dalida

Bei der Recherche zu einem anderen Blogartikel blieb ich wieder – ich neige im Herbst zu so etwas – an dem vermutlich traurigsten Lied aller Zeiten hängen. Nein, das ist es natürlich nicht, das ist auch gar nicht auszumachen, da gibt es entschieden zu viele Kandidaten, zu viele herzzerreißende Texte. Aber es ist ganz sicher ein vernichtendes Lied über die Unmöglichkeit der rettenden Liebe, über das Alleinsein des Menschen. Und wenn man weiß, wie Dalida endete, sieht man die Darbietung eh noch einmal mit anderen Augen. Ein wirklich grausamer Text. Pour ne pas vivre seul – um nicht allein zu sein.

Und dann stößt man wieder auf Videos, die man gar nicht suchen wollte, aber die eben ab und zu doch wieder gefunden werden wollen, ich kann es ja auch nicht ändern. Zum Beispiel dieses Filmchen, das einen mit der nagenden Frage zurücklässt, wie um Gottes willen jemals so viel Talent in so einen schmalen Menschen passen konnte. Mr. Sammy Davis Jr.

Aber im November dürfen die Lieder auch langsamer sein und länger dauern, versteht sich. Und die Sänger dürfen auch etwas beschädigt aussehen. Chet Baker.

Und zwischendurch immer wieder Diana Krall, bei der man ja durchaus einmal Klaviertaste sein möchte. Hach.

Und überhaupt, die ruhigeren Stücke. Der ganz späte Paul Kuhn mit “Almost the Blues”, das hatten wir hier auch schon einmal, warum auch nicht. Ein hervorragendes Stück, um Regentropfen an Scheiben zu beobachten. Und auch sonst, ein sehr schönes Konzert.

Und ganz zum Schluss der unerwartete Ohrwurm des Monats: Lou Rawls mit “See you when I get there”. Auch ein sehr aparter Anzug, nicht wahr.

5 Kommentare

  1. Und ich habe hier auch noch Knausgard liegen. Wann ich da zum lesen komme, muss ich aber noch sehen. Aber ich habe einmal ein Buddenbohm-Buch gelesen. Wird noch rezensiert.

  2. Hallo Herr Buddenbohm,
    normalerweise mische ich mich nicht ein, sondern lese nur begeistert Ihren Blog. Aber der Kommentar zu „Pinipas Abenteuer“, daß Ihre Söhne nun das Ruhrgebiet besuchen möchten, läßt mich Ihnen diesmal schreiben.
    Sicher wissen Sie als Deutschlandreisender um den besonderen Charme dieser Gegend. Mein Mann, ein Vorderpfälzer, stellt regelmäßig fest, daß das Ruhrgebiet doch überraschend grün und naturnah ist. Das stimmt vor allem seit große Flächen, die früher von der Stahlindustrie genutzt wurden, umgenutzt und renaturiert sind. Meine Tochter (6 Jahre) hat im Sommer die Führung auf Zeche Zollverein begeistert, auf dem weitläufigen Gelände kann man auch locker einen ganzen Tag im Freien verbringen (das entschädigt für eine längere Anfahrt) und köstlich speisen (nicht nur „Mantaplatte de luxe“).
    Ich meine gelesen zu haben, daß Ihre Frau Ostwestfälin ist. Womöglich läßt sich ein Heimatbesuch mit Ruhrgebiets-Sightseeing verbinden, da es übrigens auch an Emscher und Lippe sehr hübsch ist.
    Gruß vom Mittelrhein (Nicht nur Ostwestfalen zieht es gelegentlich in die Ferne.)

  3. Professor Graghuls geheime Monsterschule ist wirklich gut. Glaube ich. Inhaltlich kann ich es nur halb bewerten, da ich sie mir von meinem achtjährigen Sohn habe vorlesen lassen. Vielleicht sollte ich den monotonen Vortrag mal aufnehmen und als Einschlafhilfe vertreiben. Dann werde ich unermesslich reich!
    Die Minion-Filme sind in der Tat ganz amüsant. Immerhin bin ich bei noch keinem eingeschlafen.

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