Gelesen – Wolfgang Büscher/Christine Kensche/Uwe Schmitt: Acht deutsche Sommer

Buch: Acht deutsche Sommer

 

Wolfgang Büscher beschreibt man wohl am besten immer als den, der nach Moskau gegangen ist, das dürfte nach wie vor sein bekanntestes Buch sein.

Und während ich normalerweise wegen der furchtbaren Suchtgefahr einen großen Bogen um Sachbücher mache, neige ich bei dem Herrn dann doch zum Kauf. In den acht deutschen Sommern von ihm und zwei Co-AutorInnen geht es wieder, es kann wohl auch gar nicht anders sein, um deutsche Geschichte, wie sie sich in Einzelschicksalen darstellt, in Szenen und Orten, das reicht in weitem Bogen vom Untergang Breslaus bis zum syrischen Neubürger.

Und das ist in jedem Kapitel erhellend. Ich bin zwar noch gar nicht durch, habe aber schon wieder was gelernt. Etwa in einem Text, den ich normalerweise gar nicht lesen würde, weil das Reizwort Fußball darin vorkommt und er damit weit außerhalb meiner Komfortzone liegt, wie man zur Zeit so merkwürdig oft sagt. Komfortzonen soll man verlassen, das wurde mir auch gerade wieder gesagt und zack, mache ich das glatt. Es geht also in dem einen Text um Damenfußball in den 70ern, den man heute bekanntlich eher Frauenfußball nennt, damit fängt es schon an. Da kann man noch einmal etwas nachlesen, was nach meiner Wahrnehmung gerade wirklich gerne vergessen wird, nämlich wie nötig die Frauenbewegung damals war. Wie dramatisch ungerecht und aus heutiger Sicht rückständig das Land und seine Gesetze, seine Institutionen, seine Männer. Wie nahe noch am neunzehnten Jahrhundert die Denkweisen. Man tut im Moment gerne so, als sei hier seit Hunderten von Jahren ein aufgeklärtes Bürgerparadies, wunderbarstes Abendland hellster Ausprägung, alles so schön hier. Man kann gar nicht oft genug betonen, wie abwegig das ist. Es ist alles noch neu, es ist alles immer noch fragil und keine Entwicklung ist vollendet. Das umfasst alles bisher nur ein bis zwei Generationen, das ist geschichtlich nichts, gar nichts.

Und was man gerade in Elternblogs wieder öfter liest, „Das Private ist politisch“, kann man hier noch einmal als Lehrsatz bestätigt finden. Es ist politisch, wenn ein Mädchen Fußball spielen möchte und nicht darf, natürlich ist es das. In der historischen Rückschau merkt man das immer ganz leicht, in der Gegenwart ist es wohl etwas komplizierter. Aber auch wieder keine unlösbare Aufgabe.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert