Manche Nachrichten erwischen einen so, dass man auch als einigermaßen routinierter Schreiber weder geistreich noch sinnig-stimmig noch auch nur halbwegs sortiert darauf reagieren kann. Die Nachricht von seinem Tod erreichte uns direkt am Leuchtturm Westerhever, wo einem ohnehin ein scharfer Wind von der Nordsee in die Augen kommt, da fällt es gar nicht öffentlich auf, wenn man so etwas auf dem Handy liest. Am Leuchtturm von Westerhever steht man mitten in den Salzwiesen vor dem Wattenmeer, da hat man eigentlich nie Empfang, da kann man solche Nachrichten gar nicht bekommen, die man auch gar nicht bekommen will. Denkt man.
Das ist dieser Leuchtturm, den alle kennen, der rotweißgestreifte Leuchtturm schlechthin, das weithin sichtbare Signal für Schiffe auf dem Meer und auch für die Touristen an Land, und aus dem Leuchtturmbild könnte man eigentlich etwas machen, was recht gut zu Johannes gepasst hätte. Ich kann aber gerade nicht. Man kann nämlich nicht immer können, man muss es wohl nicht einmal, das ist auch so etwas, was man irgendwann lernen muss.
Isa, Kiki und Liisa haben schon geschrieben, da ist auch alles dabei, da wurde nichts ausgelassen, was wichtig war. Ach, es ist ein furchtbares Elend, und er wird mir fehlen. Er war online ganz selbstverständlich immer dabei, seit vielen Jahren. Wir hatten auch noch eine Verabredung offen, er wollte mir in Sachen “Ruhrgebiet mit Kindern” einiges zeigen, er mochte seine Heimat. Das wird seltsam und traurig sein, wenn ich dort wieder einmal bin.
Ich kann nur noch die Geschichte ergänzen, wie ich vor ein paar Jahren mit Johannes telefoniert habe, als ich die Idee zum Wirtschaftsteil für die GLS Bank hatte, denn wir hatten auch eine geschäftliche Beziehung. Das Telefonat führten wir beide in unseren jeweiligen Mittagspausen, es dauerte etwa zwanzig Minuten. Ich habe die Idee geschildert, er hat sich das angehört und war sofort begeistert. Dann haben wir kurz – wirklich sehr kurz – die Inhalte umrissen, die dafür in Frage kamen, haben ein paar Worte über den Stil und den Ton gewechselt. Ich habe eine Zahl genannt und er hat okay gesagt. Und in der darauf folgenden Woche haben wir schon mit der regelmäßigen Kolumne angefangen. Einfach so.
Und dieses erste Gespräch war so, dass wir danach nie wieder über den Wirtschaftsteil an sich reden mussten. Weil wir in diesen zwanzig Minuten alles besprochen hatten, weil wir uns völlig einig waren, weil wir uns verstanden haben. Es war zu dem Zeitpunkt eine durchaus unübliche Vereinbarung und Kooperation zwischen einem Unternehmen und einem Blogger, vermutlich hätte jedes andere Unternehmen, hätte jeder andere Online-Redakteur tagelang, wochenlang, monatelang nachgedacht, Bedingungen verhandelt, Preise geschraubt, Verträge aufgesetzt, Sicherheiten eingebaut, Pflichten nachverhandelt, ich bin da ziemlich sicher. Mit Johannes und der GLS Bank habe ich einfach gemacht. Und wenn es darum geht, sich an seine helle Seite zu erinnern – etwas einfach zu machen, das ist eine charakterliche Stärke, die man gar nicht so oft trifft, wie mir scheint,
Das hat sich später bei “Was machen die da” wiederholt, das war auch bei “Ein Buch für Kai” und anderen Aktionen von ihm oder mit seiner Beteiligung nicht zu übersehen. Einfach machen, das konnte er wirklich gut. Das wird der deutschen Online-Szene fehlen, da werden wir uns alle etwas Mühe geben müssen, um das zu ersetzen, nicht wahr. Einfach machen, das ist längst nicht jedermanns Sache.
In seinem letzten Blogeintrag hat er Wünsche geäußert, da geht es um Achtsamkeit, Gemeinsamkeit, um das Gute im Leben und auch um den Sinn. Das sind Schlagworte, die man in Richtung Kalenderspruchweisheit ausdeuten kann, es sind aber auch Schlagworte, wie sie ganz selbstverständlich im Wirtschaftsteil vorkommen, denn dort geht es ja um die seltsame Spannung zwischen wirtschaftlichem und sinnvollem Handeln. Was machen wir warum, welche Folgen hat das. Warum machen wir das eigentlich nicht gemeinsam, statt immer gegen andere – und ist das alles eigentlich gut?
Das hatten wir damals so gemeint, und das hat er in seinem Beruf übrigens immer so gemeint. Das war etwas, worum ich ihn immer sehr beneidet habe, um diesen Sinn im Beruf.
Aber letzte Wünsche soll man nicht nur lesen, man soll auch nach Möglichkeit etwas damit anfangen. Dann will ich in meinen gesammelten Links mal nachsehen, ob ich etwas zu Achtsamkeit, Gemeinsamkeit und Sinn finde. Und mich an den nächsten Wirtschaftsteil machen. Denn solche Wünsche muss jeder bei sich einbauen, wo es eben gerade passt.
Ach. Jo.
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Mir ging gestern durch den Kopf:
„Wer wird nun die virtuelle Nachbarschaftshilfe in „meinem“ virtuellen Dorf organisieren?“
Ja, wir müssen diese Lücke füllen, mit Achtsamkeit, Gemeinsamkeit und Sinn.
ja.
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Genau.
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seltsam. den mann hab ich komplett verpasst.