Die Söhne haben Inline-Skates zu Ostern bekommen, die waren lange überfällig, die alten Exemplare taugten seit Monaten nichts mehr. Mit neuen Inline-Skates muss man natürlich auch fahren. Die Sonne scheint, obwohl am Himmel schwarze Wolkengebirge in einer Geschwindigkeit verschoben werden, die man sonst nur von der Nordsee kennt. Aber wir haben Glück, wir fahren unter Wolkenlücken über nordostwestfälische Straßen. Links und rechts von uns regnet es auf den Feldern am Horizont, hinten regnet es, vorne regnet es, nein, es kübelt. Wir aber fahren durch strahlenden Sonnenschein und unter einem schmalen Streifen tiefblauen Himmels, der nasse Asphalt glitzert diamanten, die Apfelbäume am Straßenrand blühen blendend weiß, die Birnbäume dazwischen auch. Die Birken beblättern sich gerade in diesen Stunden maigrün, man kann förmlich zusehen, wie alles im Vorbeifahren immer grüner wird. Wir fahren durch knallige Farben, wir fahren zwischen den Schauern durch ein jähes österliches Leuchten. Und durch Eiseskälte, das auch.
Die Söhne fahren auf ihren Inline-Skates, ich fahre auf Schwiegermutters Fahrrad. Als die Söhne nach ein paar Kilometern – immerhin! – nicht mehr können, hängen sie sich hinten an das Fahrrad, erst Sohn I, dann Sohn II, der sich an den Bruder krallt. So ducken wir uns gegen den Nordwind und fahren als Zug Schlangenlinien über die Landstraße, weil Schlangenlinien Spaß machen und weil überall Schlaglöcher sind. Der Regen kommt von hinten näher und ich fahre ein wenig schneller, so schnell wie es eben geht, wenn zwei Kinder auf Inline-Skates an einem hängen. Sohn I I fällt auf, dass wir dabei alle drei die gleiche Haltung haben, diese unter dem Wind weggebückte Krümmung. Und er schreit von hinten, dass wir jetzt gerade wie die Entwicklungsstufen eines Pokémons aussehen, mit mir als stärkstem Exemplar. “Ist das gut?” frage ich keuchend beim Strampeln, weil ich mich mit Pokémons nicht richtig auskenne, aber ich kann die Antwort nicht hören, sie wird vom immer weiter auffrischenden und auch drehenden Wind plötzlich ostwärts verweht. Ich nehme einfach an, es ist gut: Papa ist am stärksten entwickelt.
Natürlich ist das gut, das hört man doch.
Danke. Einfach schön.
Hach, das ist schön, vielen Dank 🙂
Ein wunderschönes Sprachbild von einem Osterspaziergang. Manchmal wünsche ich mir, Szenen auch so festhalten zu können. Danke dafür!
Wow, was für eine gelungene Beschreibung, bin ein Stück mitgefahren!