Ich gehe früher zur Arbeit als sonst, es ist ungewöhnlich viel zu tun. Ich gehe so früh, dass noch kaum jemand unterwegs ist. Vor einer Bäckerei steht eine verlumpte Bettlerin in der bitteren Kälte des Wintermorgens und hält einen Becher bittend vor sich hin, ich krame in den Hosentaschen nach Kleingeld. Und ich habe meinen eher flüchtig gewonnenen Eindruck von ihr gerade noch rechtzeitig revidiert, sonst hätte ich der jungen Bäckereifachverkäuferin, um die es sich in Wahrheit handelte und die, in eine dieser Draußensitzdecken gehüllt, mal schnell vor der Tür eine rauchen wollte, doch glatt ein paar Münzen in ihren dampfenden Latte Macchiato geworfen. Denn auch bei dieser guten Tat, die jeden Tag fällig wird, gilt: Es ist kompliziert.
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Ich lag gestern am späten Abend schon im Bett, es war etwa halb zwölf, als eine Reisegruppe unter meinem Fenster vorbei vom Hotel zum Bahnhof rollkofferte. Wobei es natürlich geraten ist, dass sie zum Bahnhof wollten, aber wohin sonst. Es ist genau genommen auch geraten, dass sie aus einem Hotel kamen, aber woher sonst. Ich bin nicht aufgestanden und habe nachgesehen, es war eine recht eindeutige Geräuschlage, viele Stimmen, viele Koffer, Reisegruppe, man kennt das. Die Sprache vermutlich asiatisch, die Stimmlagen eher hoch, es hörte sich etwas comichaft an, dieses plaudernde Satzgewirr auf der Straße. Wäre ich aufgestanden und hätte ich nachgesehen, der Anblick wäre denkbar unspektakulär gewesen, zwanzig Touristen mit Rollkoffern eben. Das Geräusch ist mittlerweile so gewöhnlich in unserem kleinen Bahnhofsviertel, da sieht keiner mehr hin.
Aber wenn das nun jemand gehört hätte, der gar keine Rollkoffer kennt, jemand aus dem neunzehnten Jahrhundert etwa, wie auch immer der es in die Gegenwart geschafft haben könnte, ein Zeitreisender vielleicht, wenn es also jemand gehört hätte, der bei diesem speziellen, fast unverwechselbaren Rollgeräusch nicht sofort Koffer und Geschäftsreisende oder Touristen assoziiert hätte, dann, das fiel mir gestern plötzlich auf, hätte es so geklungen, als hätten da etwa zwanzig Menschen, wegen der hohen Stimmlagen vielleicht sogar recht kleine Menschen, gemeinsam etwas verdammt Großes mit vielen Rädern die Straße entlang geschoben.
Das jedenfalls ist der Grund, weswegen ich gestern ziemlich spät noch kichernd im Bett lag und mir vorstellte, wie zwanzig koboldhafte Wesen ein seltsames Ungetüm vom Ausmaß eines trojanischen Pferdes vier Stockwerke unter meinem Bett die Straße entlang schoben.
Und nur in einem fantasylastigen Jugendbuch würde diese Szene jetzt weitergehen mit: “Und dann sah ich etwas vor meinem Fenster.”
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Musik! Der letzte Auftritt von Otis Redding. Den nächsten Tag haben die meisten in diesem Clip nicht überlebt.
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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.
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Den Menschen aus einer anderen Zeit mit seinen völlig perplexen Reaktionen auf unser Heute und dessen Blüten, den stelle ich mir auch manchmal vor. Also Catweazle.
Danke für Otis Reading, das war mir alles nicht klar. Toller Musiker.