Was schön war

Frau Meike über das andere Internet.

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Sven fährt Rad.

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Ich bin weiterhin fest entschlossen, das Schöne in der Woche zu finden, also verlasse ich besonders früh das Haus, denn wer früher geht, der kann auch früher wieder zurückkommen, soweit bin ich ja Fuchs. Direkt vor der Haustür liegt ein Apfel. Nicht irgendein Apfel, nein, das ist ein roter Apfel in waltdisneyschneewittchenhafter Schönheit, eine Glanznummer erster Klasse, echtes Vorzeigeobst. Aber da ich früher bei den Märchen an der Bettkante immer gut aufgepasst habe, nehme ich den nicht, beiße ich da nicht rein, sterbe ich nicht.

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Im Kiosk steht vor mir eine Mutter, die hat einen kleinen Jungen dabei, der vor der Quengelware das macht, wozu sie nun einmal da ist. Die Mutter schimpft und zieht ihn weg, er greift wieder ins Regal, die Mutters schimpft lauter, so wiederholt sich das noch mehrfach. Zwar schimpft sie in türkischer Sprache, den Inhalt kann man sich aber dennoch gut vorstellen, der wird von den deutschen Varianten kaum abweichen und es überrascht auch überhaupt nicht, dass sie ganz am Ende ihrer Tirade die Sprachen nahtlos wechselt und ihre Ausführungen mit einem sehr hamburgisch breit gekeiften “Oder hasse was anne Ohren, ey!” abschließt.

Wie schon oft festgestellt, ich mag diese spontanen Sprachwechsel sehr.

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Ich gehe am Vormittag kurz zu einem Bäcker neben dem Büro, vor der Tür hat gerade der Fahrer eines Paketdienstes mit seinem Lieferwagen das Fahrzeug eines anderen Paketdienstes touchiert, ein minimaler Auffahrunfall. Beide Fahrer springen aus den Autos und sind ohne jeden Verzug sofort auf dem Level von “Du kannst auch aufs Maul haben!”, denn wie bereits neulich erwähnt, auf den Straßen hier ist Krieg, siehe auch oben bei Sven. Dann stehen sich die beiden Transporthelden gegenüber und ihre Oberkörper pusten sich auf, Airbags nichts dagegen.

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Ich fahre mit Sohn I nach meiner Arbeit zu einer Skate-Anlage, auf der er dann das übt, was man da eben so macht,es sieht alles jedenfalls sehr urban aus, auch das Kind. Es finden sich bald Zuschauer ein. Ein sehr freundlicher Obdachloser, der sich gar nicht einkriegen kann vor Begeisterung, was die Kinder heute alles so machen! Das kann man sich ja gar nicht vorstellen, wie das alles geht, was die da anstellen! Guck dir das doch mal an! Der Sohn schafft gerade auch nach dem zwanzigsten Versuch eine bestimmte Kurve nicht und ist schon kurz vor der Kapitulation, aber der Obdachlose hat soeben seine Trainerqualitäten entdeckt und hält vom Rand aus laut und mitreißend genau den total überzeugenden Vortrag übers Durchhalten und Weitermachen, den ihm selbst vermutlich in irgendeinem entscheidenden Moment seines Lebens niemand gehalten hat – aber egal, er weiß zu überzeugen.

Und dass er da steht und schaukelt, das liegt auch nicht am Alkohol, das liegt daran, dass er beim Zusehen jede Kurve mit dem ganzen Körper mitgeht.

Ein ganz kleines Mädchen, das noch nicht in Sätzen spricht, kommentiert die Leistungen des Sohnes ebenfalls enthusiastisch, vor allem mit “Runta!” und “Rauf!”, wogegen inhaltlich nichts einzuwenden ist, rauf und runter wird da in der Tat pausenlos gefahren, ein Sportkommentar, der objektiv zutrifft. Und dann reißt es sie so hin, dass sie patschend applaudiert, dabei hat sie ein Strahlen im Gesicht, das fegt einem glatt den Grauschleier vom Tag.

Und damit ist es doch nach nur zwei Tagen Anlaufzeit schon wieder erreicht, meine Damen und Herren, es war etwas schön, fraglos schön sogar, es geht also doch noch. Wie der Obdachlose und das Mädchen da standen und jubelten, wie der auf einmal ungeheuer jugendlich aussehende Sohn da breit grinsend herumkurvte – doch, das war schön.

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Der Musiktipp heute auch von Sohn I: Felix Jaehn.

 

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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2 Kommentare

  1. Das Lächeln in meinem Gesicht ist Sohn I, dem Mädchen und dem Trainer gewidmet.
    Danke für die schöne Beschreibung.

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