Kurz bevor wir Eiderstedt wieder verlassen haben, waren wir noch einmal am Westerhever Leuchtturm. Der stellt ein so dermaßen bekanntes Sehnsuchtsbild dar, wir kommen einfach nicht daran vorbei. Nach all den Jahren dort könnten wir endlich einmal ganz cool die touristische Hauptattraktion auslassen, aber nein, jedes Mal landen wir doch wieder da, gehen dahin und daran vorbei und machen ein Foto und haben dann etwas erledigt und abgehakt, was wir gar nicht genau benennen können. Aber es gehört so, wir fügen uns. Ich sprach später mit einem einheimischen Eiderstedter, der war da noch nie. Warum sollte er dort hingehen, das ist für die Touristen, er hat woanders zu tun. Und die Touristen gehen dahin und denken: „So ist das hier also für die Einheimischen.“ Tourismus ist eine wirklich merkwürdige Angelegenheit.
Ich habe genau vor diesem Leuchtturm einmal, es ist schon Jahre her, eine Todesnachricht erhalten, die mich schwer getroffen hat. Es ist seitdem immer auch ein Gedenkmarsch, dort über die Salzwiesen zu wandern, dann ist es schon zwei, drei, vier Jahre her. Wir rechnen nach, es ist tatsächlich vier Jahre her und wir wissen es noch, wie wir da auf das Handy gesehen haben, und da stand es. Ich gucke nicht gerne auf das Handy, wenn ich dort bin.
Am Deich mit den wie immer malerischen Schafen darauf stand ein dienstlich aussehendes Auto in förmlich grausilbriger Farbe, das hatte eine gut sichtbare Beschriftung hinten drauf. Ein Slogan stand da: „Wir schützen Schleswig-Holsteins Küsten*. Allerdings hatte jemand am letzten Buchstaben etwas herumgeknibbelt, es sah durchaus nach Absicht aus. Und so stand da nicht mehr der eigentlich vorgesehene Text, sondern etwas, das eine seltsame Truppe beschrieb, die sich um eine ganz besondere Berufsgruppe kümmerte: „Wir schützen Schleswig-Holsteins Küster.“
Und ich habe dann eine Weile damit zugebracht, mich zu fragen, wie wohl eine Geschichte beschaffen sein müsste, in der eine Schutztruppe für Küster irgendwie Sinn ergeben würde. Der Deutsche Küsterschutz ist immerhin gar nicht so klein, da wird schon ordentlich Aufwand betrieben, um diese Leute zu verteidigen. So kommt man im Urlaub auf andere Gedanken, es ist zu und zu schön.
Später am Tag unterhielt ich mich mit einem Sohn über Gewohnheiten und Charaktermerkmale und wie verschieden wir sind und was wir gemeinsam haben, es war ein gutes Gespräch über alles und jeden, zu so etwas kommt man manchmal auch nur im Urlaub. Wir dachten über uns und die Menschheit nach, wie wir sind und wie die sind, und es endete mit einem Satz des Sohnes, der gut genug ist, hier das Ende der Eiderstedter Notizen zu bilden: „Weißt du, Papa, genau wie jeder Mensch bist du ganz anders als jeder Mensch.“
Das fasst es nämlich, so glaube ich, in der Tat ganz gut zusammen, wie ich bin.
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Vor leider schon vielen Jahren, als ich noch Urlaub in der Nähe von Bredstedt machte erzählte der dortige Ferienhaus Vermieter (irgendwas zwischen 60 und 70) dass er noch nie in Sankt Peter Ording war. Oder überhaupt in Eiderstedt. Ist ja ganz woanders, meinte er. 🙂
Bei Euren jährlichen Bilder aus Westerhever muß ich auch immer an die Nachricht damals denken. Einfach furchtbar und unfassbar.
Liebe Grüße, Ina
Wir haben mal Urlaub auf einem Pferdehof auf der Insel Fehmarn gemacht. Der Bauer, ein sehr eloquenter Mann, dessen erwachsene Kinder durchaus in der Welt unterwegs waren, hatte seine Insel noch nie verlassen und entbehrte nichts. Ein glücklicher Mensch!
Und wie Sohn Buddenbohm zu Recht bemerkte: wir sind alle anders. Wenngleich ich wünschte, alle wären mehr wie sein Papa.
Und was ist eigentlich mit dem Innenminister, ist der jetzt zurück getreten? Hab ich da was verpasst?
Re Innenminister: leider nein. Just im Moment zeigt er seine Kernkompetenz, mit Verweis auf unerfüllbare Voraussetzungen ein Zusammenkommen von Menschen aus unaussprechlichen Situationen und der Koalition der Willigen zu verhindern.