Währenddessen im Hirn

Ich habe in einem solchen Ausmaß keine Lust auf den Januar mit seiner doch ziemlich wahrscheinlichen Kollision von Home-Office und Home-School, es tut mir schon fast körperlich weh. Daher male ich mir das jetzt alles fürchterlich farbig aus, worst case galore, mit den jeweils übelsten Entwicklungen in allen nur denkbaren Bereichen. Also wie es wird, wenn es richtig, richtig, schlecht wird. Also wie es wahrscheinlich wird, schon klar, Sie merken, ich kann mir Rollen aneignen. In irgendeinem Lebenshilfebuch stand nämlich mal, das solle man in solchen Fällen unbedingt tun, man würde dann schon dadurch gestärkt in das vermeintliche Übel hineinschreiten, das sei quasi eine Resilienzmaßnahme – und wie einfach! Und wie billig! 

Ein anderer Teil von mir steht allerdings daneben, Sie kennen das hoffentlich, wenn ein Teil von Ihnen neben Ihnen steht (sagen Sie jetzt nichts), also neben mir steht dieser andere Teil und sagt die ganze Zeit immer wieder: “Also wir nennen das ja schlicht Realismus.” Wen er dabei aber nun wieder mit wir meint – lassen wir das.

Wozu jedenfalls eine weitere innere Figur, die des langjährigen Autors nämlich, ungefragt etwas aus ihrer Erfahrung beisteuert, wobei sie sich auch noch jovial mit der Rolle des Leser verbrüdert, und die beiden brummen also Arm in Arm und im Brustton der Überzeugung: “Sollste mal sehen, wenn du dir das alles so schlimm denkst – dann wird der Januar voll super. Eh klar. Kennt man doch.” Und sie nicken und grinsen breit und wirken außerdem etwas angeheitert.

Währenddessen sitze ich hier zwischen meinen nur projizierten inneren Figuren und denke, dass der Januar, gesund-fatalistisch betrachtet, selbstverständlich einfach eine Fortsetzung der letzten Wochen werden wird, was auch sonst, weil der kalendarische Übergang mit dem Alltag gar nichts zu tun hat, und ich fühle mich sogar halbwegs schlau bei diesem Gedanken, weswegen auf einmal ein schicksalsgläubiger Persönlichkeitsanteil von mir entnervt auf die Uhr sieht und mit einem Anflug von Ungeduld etwas im Kalender nachschlägt und murmelnd rechnet, ich meine etwas mit “sieben” zu verstehen, aber wen interessiert das. 

Mein innerer Käpt’n schreitet dagegen die ganze Zeit in mühsam niedergerungener Nervösität über die innere Brücke und lässt die anderen reden. Er drückt den Rücken durch und ignoriert alle nach Kräften. Er hat auch wirklich nicht für jeden Unsinn Zeit, er muss immerhin noch den Kurs bestimmen. Aber er nimmt sich doch vor, das Gerede der Stimmen später im Logbuch einzutragen. Pflicht ist Pflicht – und mit Pflicht kennt er sich aus. 

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2 Kommentare

  1. Und daneben hüpft der Hipster-Influencer rum und meint mit genug Orangensaft, Sport und achtsamer Disziplin geht es schon und der graubärtige Opa fuchtelt mit dem Krückstock und schimpft wie viel schlimmer es anderen Leuten geht und dass man kein Recht hat zu jammern.
    Mein Captain sieht übrigens Janeway sehr ähnlich. Und Ihrer?

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