Im digitalen Familienkalender steht schon wieder etwas, ich könnte tagelang darüber lachen. Und zwar hatte die Herzdame eine nur ungefähre Erinnerung, ihr war kurz so, als müsse sie demnächst noch jemanden anrufen, vermutlich wegen eines Termins oder wegen was auch immer, einen Handwerker vielleicht, eine Ärztin, so etwas. Es fiel ihr hartnäckig nicht genauer ein, der Knoten löste sich auch nach längerem Nachdenken nicht. Der Mensch an sich hofft nun aber oft bis zum Schluss (noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung auf, so heißt es bei Schiller), daher wollte sie diesen vielleicht doch wichtigen Gedanken auch nicht gleich wieder fallen lassen, nur weil ein Name als sinnvolle Ergänzung fehlte. Immerhin war doch der Impuls eindeutig und klar, und sie notierte das schnell, was mir und meinen ewigen Predigten natürlich weit entgegenkam: Immer alles notieren. Weswegen jetzt im Kalender als wichtiges To-Do für heute steht: „Irgendwen anrufen.“
Ich denke da noch etwas drüber nach, während ich meine tägliche Wiedervorlage abarbeite: „Irgendwas schreiben.“
Passt schon.
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Nach einem ungeheuer anstrengenden Termin am Nachmittag fuhr ich in den Garten, nur um von dort zu Fuß nach Hause zu gehen, das ist eine sportliche Stunde Weg. Es war die Premiere in diesem Jahr, das kommt jetzt wieder öfter vor. Eine Stunde schnell gehen, das ist genau mein Sport, aber im Winter doch eher nicht. Im Garten sang die Heckenbraunelle besonders schön, und auf der Korkenzieherweide saß eine Schwanzmeise. Das sind die mit dem besonders langen Schwanz und mit dem Flug, der stark Wellengang hat und immer ein wenig nach „Juppheidi“ aussieht, fröhlich schunkelnd durch die Luft. Dazu Kohlmeise und Rotkehlchen, eine gute Besetzung, besonders nach der fatalen Artenarmut in den Vorjahren. Hat es sich vielleicht doch gelohnt, dass wir eine Hecke speziell für Vögel gepflanzt haben und ich noch im Herbst gestikulierend davor stand, hier bitte, eine Hecke, und ob jetzt gefälligst mal … na, vielleicht klappt es ja.
Vogelsang also, ich stand kurz und lauschte. Das helle Gezwitscher unterlegt von den rauen Rufen der Gänse. Kanadagänse waren es wohl, die gastieren an der Bille. Bassisten im Vogelkonzert.
Eine Rose habe ich gepflanzt, die habe ich auf dem Weg schnell im Discounter gekauft. Es gab nichts anderes und ich wollte unbedingt etwas pflanzen. Eine Zehnminutensache, eine pinkfarbene Rose. Es gibt so Tage, da muss unbedingt etwas in die Erde.
Ich ging durch die Kleingärten und von der Insel in die Stadt zurück, die um mich schnell immer dichter wurde, mehr Häuser, noch mehr Häuser, Autos, noch mehr Autos, es wurde dunkel, die Lichter gingen an, ich hörte wüste Musik und ich ging sehr schnell. Es wurde immer urbaner um mich herum, Menschen auf E-Scootern und E-Bikes und E-Skateboards, Joggerinnen und Jogger mit Blinkvorrichtungen am Kopf, Erwachsene mit Bierflaschen und Musikbox auf den Riesenschaukeln im Park und eine junge Frau kam mir spazierend entgegen, die trug unter ihrer neonfarbenen Sportjacke eine Bluse mit ungeheuer viel überquellender Spitze daran, das war, ich möchte mich da festlegen, Mode aus dem neunzehnten Jahrhundert. Auch Beforeigners gesehen? Wirkt sich die Serie tatsächlich modisch aus? Oder halluziniere ich nach Serienkonsum?
Ich habe dann genau aufgepasst, aber Menschen aus der Steinzeit sind mir nicht begegnet, auch keine Wikinger. Nur ein junger Mann mit einer Frisur aus den frühen Achtzigern fiel mir noch auf. Das kann schlicht ein Corona-Nichtschnitt gewesen sein, das kann ich also nicht gelten lassen.
Aber diese Bluse … vielleicht gucke ich doch lieber keine Serien.
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Ich oute mich – ich kann nach dreieinhalb Folgen „Beforeigners“ nix anfangen mit dieser Serie. Platt, vorhersehbar und leider sehr klischeehaft. Meine Meinung. Spannend aber, dass und wie verschieden die Wahrnehmung davon ist.
Das tut freilich meinem Genuss dieses Blogposts keinerlei Abbruch!
@Alexandra: Ich teile die Einschätzung sogar, aber es war immerhin nett ablenkend. Auch mal gut.