Dreimonatstage

Morgens um fünf Uhr, wenn ich aufstehe, ist es fußkalt und stockdunkel in der Wohnung, ist Pullover- und Dickesockenzeit, ist mittlerer bis später Oktober und das ist nicht der mit dem Gold, oh nein. Gegen neun, zehn Uhr am Vormittag geht es schon langsam auf einen früheren Monat zu, im spätsommermilden Windchen wehen Septemberspinnen am Balkon vorbei, kleines, ganz kleines und nur hauchfeines Geprange der vorbeiziehenden Glitzerfädchen vor Postkartenhimmel, dazu Kirchenglocken und Kinderlachen vom Spielplatz. Man möchte aufstehen, rausgehen und dem Vorbeigewehten hinterhergehen, man möchte Landschaften sehen und Strecke machen. Es ist Wanderwetter, bis zum Meer möchte man gehen, den Flüssen nach, in meinem Fall also der Elbe nach. Und um elf Uhr brät der August uns dermaßen die Fenster gar, dass man schon wieder alles von sich werfen möchte, in was man sich am frühen Morgen noch fröstelnd gekuschelt hat, dass man da einfach nur noch sitzen möchte, aber möglichst im Schatten und mit Schirmchengetränk und Klingklangeiswürfeln darin. Bis es am frühen Abend schließlich wieder vier Wochen später werden wird und um zehn dann noch einmal. So läuft das hier gerade. Ich ziehe mich dreimal am Tag um, wie in einem älteren englischen Roman.

Wir haben die Kindergeburtstage durch. Mein Zukunftsteam, wie ich den Nachwuchs neuerdings launig nenne, ist jetzt 12 und 14 Jahre alt. Im Grunde müssten wir mit der Zählung des Alters einmal aussetzen, weil sie doch im letzten Jahr nicht recht Kinder sein durften, aber so läuft es natürlich nicht.

Ich habe ein freies Wochenende, also von Kindergeburtstagen und Haushalt, Hausaufgaben, Lernen etc. einmal abgesehen. Ich habe jedenfalls keinen bezahlten Job zu tun, keinen Text zu schreiben, keine Deadline zu fürchten, ich habe es tatsächlich geschafft. Das ging jetzt erstaunlich schnell, neulich war doch erst das Vorhaben dazu hier verzeichnet, jetzt kommt schon die erfolgreiche Umsetzung. Das ging sogar zu schnell für mich. Ich fühle mich nicht gut vorbereitet, ich sitze etwas ratlos herum und denke: „Ja, was jetzt“. Man muss eben alles erst üben, man muss alles erst lernen. Auch Pausen.

Ich höre „Sterben im Sommer“ als Hörbuch, Zsuzsa Bánk. Nicht eben die amüsanteste Lektüre, versteht sich, aber herbstlich angemessen und Ungarn – auch mal interessant.

Ansonsten der Rücken, der Schreibtisch, das Problem. Ich sitze hier dummerweise etwas schmerzverkniffen und leise stöhnend. Ich mache also alles aus und gehe, im Gehen wird es besser. Das habe ich so beschlossen. Sicherheitshalber gehe ich aber zur Alster und nicht an die Elbe. Das Meer ist für heute dann doch zu weit und um die Alster verläuft man sich gewiss nicht in eine unwägbare Ferne.

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2 Kommentare

  1. „Sterben im Sommer“ habe ich gelesen und trotz des Themas fand ich es schön, tröstlich, weil voller Liebe und Menschlichkeit.

  2. Wasser so unterschiedlicher Temperamente so vergleichsweise nah verfügbar zu haben, das ist schon auch eine Bank- finde ich, neidlos.

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