Ich sehe irgendwo ein Video, auf dem die unscharf-schwarzweißen Aufnahmen einer Nachtkamera zeigen, wie ein Kojote und ein Dachs gemeinsam durch eine Tunnelröhre spazierengehen. Auf Tiktok lerne ich außerdem bei der immer interessanten und außerdem ein so herrlich präzises Englisch sprechenden Astrid Lundberg, dass es in der Wildnis vereinzelt Freundschaften zwischen Gorillas und Schimpansen gibt, die es nach Lehrbuch gar nicht geben dürfte. Es wurde beobachtet, dass sich junge Schimpansen beim gemeinsamen Herumtollen im Wald manchmal auf die Brust trommeln, also Gorilla spielen. Das waren dann so die Nettigkeiten in dieser Woche. Okay. Der Rest – kann eher weg.
Irgendwer in meinen Timelines schreibt am frühen Morgen immerhin noch, dass er den Tag mit Schumann beginne, also am Klavier, eigenhändig. Tee dazu. Wie angenehm bildungsbürgerlich entspannt klingt das denn, denke ich. Ich mache mir eine Schumann-Playlist an. Wenn ich schon nicht Klavier spielen kann, zuhören kann ich doch. Mit Kaffee, aber egal. Auch mal den kleinen Inspirationen folgen, auch mal abbiegen ins Unterholz der zahllosen Hinweise um mich herum. Klaviermusik zur Arbeit. Warum auch nicht.
Romantische Musik, Musik aus der Romantik. Vor dem Fenster dabei zum Arbeitsbeginn noch die Reste eines weiß verblassenden Vollmondes, ich sehe es, als ich prüfend hinausblicke, ob die Welt überhaupt noch da ist. Sollte man im Home-Office ab und zu machen. Zwei Tage ist der volle Mond nur überaltert, fast ist er noch gültig, gut sieht er aus. Wolkenfetzen wehen bilderbuchmäßig unter ihm her, graurosa eingefärbt. Schnell sind sie, sturmschnell fast, sie ziehen nach Osten, rüber ins Mecklenburgische und zum nächsten Meer, gute Reise. Schumann ist sehr schön und passt hervorragend zu diesem Mondbild. Was auch immer ich da genau höre, es würde mir ja eh nichts sagen, wenn ich den Titel nachsehen würde. Mache ich aber dennoch, eh klar. Es ist gar nicht Schumann, guck an, es ist Schubert, was macht Spotify da wieder, das Elend der Algorithmen. Schubert, Schumann, Hauptsache Gefühl, ne, Hauptsache Schu vorne im Namen.
SchuSchu, das macht man bei kleinen Kindern zum Einschlafen, oder wenn alles wieder gut sein soll. Nach einem kleinen Unfall etwa, das Knie etwas aufgeschürft, SchuSchu, ganz ruhig, mein Kind, komm mal auf den Arm. Wir spielen Schumann, wir spielen Schubert, dann geht es gleich wieder.
Ich lese Schumanns Lebenslauf nach, immer bildungsbeflissen bleiben. Machen Sie das nicht, wenn Sie eh schon unfroh sind, es ist wieder so eine verheerende Geschichte. Doch lieber nichts mehr nachlesen. Nur noch Hören. Schuschu.
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Aus Sicht der Klavierspielenden macht Schubert und Schumann schon einen Unterschied, aber ich werde mir das mal merken. Der Klavierstimmer war eh gerade da, das ist doch ein schöner Anlass.