Es gab die ersten Werktage mit Home-Office, es wurde auch der erste Text an einen Kunden geschickt. Das Jahr läuft, auch wenn die Söhne noch im schläfrigen Ferienmodus verbleiben und gähnend durch meine Betriebsamkeit schlurfen. Der Kalender füllt sich wie immer von selbst, Termine, To-Dos, Zahnarztbesuchsreihen, Vorsorgeklimbim, Vorhaben und dergleichen.
Am Montag gehe ich die übliche Einkaufsrunde und kann mich hinterher nicht mehr daran erinnern. Ich habe nichts gesehen, mir ist nichts aufgefallen, es war wohl nur eine Stunde Normalität ohne besondere Vorkommnisse, es sollte einem vielleicht auch einmal recht sein. Ein Tag vergeht in dezentem Grau, weg ist er. Es sind neue Lebensmittel im Kühlschrank, daran ist kein Zweifel, ich muss also wirklich draußen gewesen sein, das ist alles deduktiv abzuleiten. Vermutlich war da auch irgendein Wetter, vermutlich gab es da irgendwelche Leute und Dinge und Szenen um mich herum, doch, es muss so gewesen sein. Egal.
Es gibt also, das sei am Rande nur noch eben festgestellt, Tage, an denen das Wetter nicht weiter auffällt, obwohl wir nur knapp hinter einem Wetterereignis der Superlative sind, nur knapp hinter einer wirklich irren Hitzewelle, die uns nur deswegen nicht oder kaum in den Schlagzeilen beschäftigt hat, weil Winter ist und Hitze da nun einmal anders ausfällt als im Sommer. Im Guardian war ein Artikel dazu, mit einem Ausblick auf die Winter der kommenden Jahre: “It is a small glimpse of a future that will see winter reduced to a couple of months of dreary, damp, and mild weather, with little in the way of frost, ice or snow.”
Ich hatte gestern die inhaltlich falschen, also unpassenden Texte und Podcasts zu Gartenthemen im Januar erwähnt, ich bleibe dabei, dass wir alle assoziativ nachgehen, dass wir uns geistig nicht anpassen an die neuen Winter. Oder nur spät, mühsam und zögerlich. Unsere inneren Winter bleiben weiß, weil sie es damals waren, in den Büchern, in den Filmen, in den Erinnerungen.
Gehört: „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann. Darin gibt Olimpia, die nur eine hölzerne Puppe ist, ein überaus kunstvoller Automat, den die männliche Hauptfigur aber nicht als solchen erkennt und sich prompt in die vermeintlich lebende Figur verliebt, als Antwort auf alle Fragen und Gesprächsbeiträge stets nur „Ach, ach“ von sich, was dem Mann nicht verdächtig vorkommt, sondern im Gegenteil als Zeichen besonderen Tiefsinns und geistigen Reichtums.
Der Automat gibt also eine überaus vage, in vielen Fällen aber dennoch halbwegs passend erscheinende Antwort. Wenn man sich heute mit künstlicher Intelligenz befasst, sollte man den Hoffmann vielleicht mitdenken, er war seiner Zeit voraus.
***
Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.
Fußnote zum Sandmann: Über „The Lady Automaton“, eine englische Kurzgeschichte aus dem Jahr 1901, in der ein Wissenschaftler nebst Assistent einen Automaten als sprechende Frau konstruiert, gibt es eine überzeugende Verbindung zwischen dem Sandmann von E.T.A. Hoffmann und Pygmalion von Shaw, und damit zu Eliza von Weizenbaum, dem frühen Chatbot der 1960er Jahre (nur fünfzehn Jahre nach dem Tod von Shaw). Siehe hier: https://www.herr-rau.de/wordpress/2021/08/e-e-kellett-the-lady-automaton.htm
Eliza übte ja schon mehr Faszination auf Nutzer aus, als sie sollte. (Schön demonstriert in David Lodge, Small World.) Die Weiterentwicklung wäre Telefonsex mit einem Chatbot. Gibt es wahrscheinlich schon irgendwo.