Tapfer aufwärtsstrebend

Die Maskenpflicht im Nahverkehr gilt seit dem 1. Februar auch in Hamburg nicht mehr, es sei der gepflegten Chronik halber noch eben festgehalten. Ich fahre am Mittwoch ins Büro und zähle morgens im S-Bahnwagen einmal durch: Halb und halb, ziemlich genau. Man trägt sie dennoch, man trägt sie nicht. Keine klare Mehrheit, die Medien werden wieder etwas von gespaltener Gesellschaft schreiben, als ob sie jemals nicht zerspant gewesen wäre. Na, egal. Das Ganze ist, soweit ich es mitbekomme, an diesem Tag kein Aufregerthema, es ist nicht das Hauptthema der Stadt, das ist eher der Streik bei U-Bahnen und Bussen. Dazu hat man Meinungen, auch vehement und laut, und gewerkschaftsfreundlich sind sie leider nicht.

Am Donnerstag sehe ich mir Busse an, volle Busse, die am Abend durchs kleine Bahnhofsviertel fahren, da hat sich die Lage schon wieder geändert: Ein Passagier mit Maske, alle anderen ohne, sehe ich in dem einen. Ein Bus komplett maskenfrei. Solche Bilder, ganz anders als am Mittwoch in der S-Bahn, erstaunlich anders. Das ging schnell.

In meinem Umfeld, und das berichte ich, ohne damit eine Meinung zu vertreten oder eine Absicht zu haben, gibt es etwa seit Weihnachten keine neuen Covid-Erkrankungen mehr, auch nicht in den Klassen der Söhne, oder sagen wir genauer: es gibt zumindest keine bemerkten, festgestellten und testbelegten Diagnosen. Was auch immer da die Wahrheit sein mag, ich möchte das nicht mehr raten.

Und nur zehn Minuten weiter, nachdem ich den letzten Absatz getippt hatte: Wieder neue Fälle im Freundeskreis, frischer Meldungen kommen rein. Ich bleibe bei dem Thema weiterhin etwas unentspannt.

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Am Donnerstagnachmittag ansonsten unvermutet die Sonne, blauer Himmel und dergleichen, man möchte lange am Fenster oder in der offenen Balkontür stehen und staunen. Draußen Menschen, die ihre Gesichter in die Sonne halten, dazu so eine gewisse Stimmung in der Luft, so ein Licht, so ein Geruch, so eine Ahnung. Nur kurz hält es an, aber es war eben doch, man kann es seelisch vermerken, es hilft immerhin etwas. In einer geschützten Ecke neben dem öffentlichen Bücherschrank, in dem heute nur zwei Bände des Bertelsmann-Universallexikons stehen, die mich so gar nicht interessieren, sehe ich die ersten lilafarbenen Krokusspitzen, noch verschlossen, noch vorsichtig.

Und ein Beet weiter die frischgrünen Triebe der Osterglocken, tapfer aufwärtsstrebend durch die Hundescheiße und die Kippen. That‘s the spirit.

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Davon abgesehen behält mein Text von gestern seine Gültigkeit, die Woche eskaliert vor sich hin, die Komplikationen blühen und gedeihen, der Wahnsinn wabert. Ich erinnere mich an ein sinniges Zitat von Frau Novemberregen: „Ihre internen Prozesse interessieren mich nicht“, ich hätte ihn heute leidenschaftlich gerne etwa viermal angebracht, es ging aber jeweils aus Gründen nicht und das war dermaßen schade. Ich liebe diesen Satz.

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