Morgens stabile Plusgrade, immer auch das Positive wahrnehmen, sicher doch. Also für das Gefühl, nicht für den Klimawandel, versteht sich. Frostfreie Tage voraus, und dann ist gleich schon März. Am Sonntag gehe ich in den Garten, eine Stunde Weg ist das, und ich mache die kleine Wanderung zum ersten Mal in diesem Jahr. Vorbei auch an neuen Geschäften, guck an. Kaum geht man irgendwo zwei, drei Monate lang nicht vorbei, schon ist da wieder etwas anders. Beständigkeit stellt man sich so auch nicht vor, wir leben in unruhigen Zeiten. Ich sehe auf der Parzelle nach der Hasel, nach der Forsythie, nach dem roten Hartriegel, auch nach der rekordfrühen und gelbknospenden Kornelkirsche, nach der Magnolie mit ihren pelzigen Flauschtrieben. Kleine Bestandsaufnahme des allgemeinen Knospenfortschritts, wohlwollendes Abnicken der allseitigen Bemühungen, yes, you can. Auf dem Weg dorthin prüfe ich aber auch die Beete in den Parks, ich sehe nach den Narzissen und nach anderem, die Triebe am Straßenbegleitgrün nicht zu vergessen, alles einmal wieder würdigen. Der Himmel ist dabei grau wie immer, es nieselt, aber es ist doch so etwas in der Luft, eine vage Ahnung nur, und die reicht ja bekanntlich.
„Es läuft der Frühlingswind
Durch kahle Alleen,
Seltsame Dinge sind
In seinem Wehn.“
Hofmannsthal war das, 1892, da war das nämlich auch schon so, wenn auch vermutlich nicht im Februar.
Einen Buntspecht höre und sehe ich nach etwas Suche sogar, die Kohlmeisen singen überall aus Leibeskräften, am Wegesrand einige Winterlinge. Zwei blühende Gänseblümchen finde ich, drei weißumflorte Zierkirschen, natürlich das übliche Rudel Schneeglöckchen im Garten neben dem noch schlafenden Weißdorn. Viel mehr sehe ich noch nicht, aber immerhin. Zwei leuchtend rote Tupfen im schwarzen Beet: Da rührt sich mein Rhabarber und testet mal die Luft, ob da vielleicht bald schon was geht.
Auf dem Weg wird mir dieser Song von Brandi Carlile zugeshuffelt, und ohne groß auf den Text zu achten, er passt zur Stimmung dieser Wegstrecke, ich kann sehr gut zu ihm gehen, was mir immer ein besonderer Genuss ist, wenn der Rhythmus mit dem Gang harmoniert. Er läuft dann einfach auf Repeat weiter. Wenn etwas gut ist, das dann gleich beibehalten, alte Regel:
Die Herzdame ist mit dem Auto in den Garten vorgefahren und lässt sich währenddessen von einer Fachberaterin lange über den Gehölzschnitt im Frühjahr aufklären. Sie hat das Thema für sich reklamiert, ich erwähnte es vermutlich schon irgendwann, der Mensch sucht sich Aufgaben. Sie markiert bei der langen Unterweisung alles, was in den nächsten Wochen geschnitten werden muss, mit hölzernen Wäscheklammern, Zweige und Äste. Die Gewächse sehen dadurch nun etwas eigenartig igelig aus, werden aber sicher sehr kundig behandelt und wir haben danach mehr Obst, so der Plan.
Ja, mach nur einen Plan.
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Und wo ist nun das Foto mit den geklammerten Ästen? Erst die Neugierde wecken und dann nix. ?