Ferienhunger

Weiterhin Montag, der 24. Juli, Meran. Ich gehe am Morgen mit einem Sohn einkaufen, denn ich finde den Einkauf im Urlaub immer außerordentlich interessant. Endlich einmal andere Produkte! Zwanzig Sorten Mozzarella, vierzig Sorten Speck! Die Herzdame allerdings findet Einkaufen immer stressig, schon gar im Urlaub, deswegen kommt sie gar nicht erst mit. Der Sohn und ich staunen über die aus deutscher Sicht schier infernalischen Preise, einige sind glatt doppelt so hoch wie bei uns, denn die alte Regel, uns noch aus präpandemischen Zeiten bekannt, sie gilt wohl weiter: Das Essengehen ist hier günstiger bei oft viel höherer Qualität, sogar in den Imbissen, dass Einkaufen ist dagegen deutlich teurer als in Deutschland.

Es regnet, wir werden auf dem Rückweg nass, aber die Luft ist fantastisch, auf eine schwer zu beschreibende Art schmeichelnd. Und wir werden auch gar nicht richtig nass, wir gehen eigentlich nur durch eine Art schweren Moisturizer-Nebel mit Lavendelaroma und Bergkräuterduft, es fühlt sich merkwürdig gut an.

Sohn II erreicht altersgerecht einen deutlichen Höhepunkt der Loslösephase und verlässt uns schon am Morgen, er macht eine ausgedehnte Solowanderung durch die verregnete Berglandschaften um Meran und kommt erst am späten Nachmittag wieder, sehr zufrieden mit sich und allem, und wir merken, es war wichtig und richtig.

Der Rest der Familie chillt den ganzen Tag oder hadert stundenweise mit sich oder dem nassen Wetter. Es ist nicht ganz einfach, die Stimmung hängt hier und da etwas durch. Ich frage mich, was ich mich auf Reisen oft frage, nämlich warum ich eigentlich viel Geld dafür ausgeben soll, es anderswo weniger bequem als zuhause zu haben und die Familie noch wesentlich enger um mich herum, aber das sind nur Phasen, das kenne ich schon.

Nichts gegen die Familie, versteht sich, aber wir sind, ich will es positiv ausdrücken, vier starke Charaktere, wir haben alle einen gewissen Freiraumbedarf und sind nicht die besten in der Kompromissfindung auf engem Raum. Wir waren es nie, und in aller Regel sind Ferienwohnungen kleiner als die eigene.

Dagegen hilft es wieder, also mir jedenfalls, vermehrt aus dem Fenster zu sehen, Wie die Wolken dahinten am Berghang zerfließen und die hohen Tannen einhüllen, es hilft zuzusehen, wie ein Regenbogen über der Stadt entsteht und dann noch einer, oder wie ein ferner Gipfel im Nebel einfach verschwindet und nach Minuten wieder auftaucht, als würde er langsam pulsieren, atmende Erde. Das Gebirge ist zum Ansehen da, mehr muss ich damit gar nicht anfangen. Aber gut, das sehen viele anderes, auch in dieser Familie.

Über dem Tal bricht an einer Stelle gerade die Sonne durch, die sich teilenden Wolken sehen aus wie zerfließender Dampf über einem Topf, und wir könnten allmählich auch etwas essen, fällt mir dabei ein.

Währenddessen regnet es. Es regnet später noch einmal und es regnet dann wieder, zwischendurch schüttet es auch, manchmal nieselt es in den Pausen. Wir setzen uns an den Pool, in den die Söhne trotz des Wetters steigen, das Wasser darin ist auch bei bedecktem Himmel warm, pipiwarm. Ringsum die Apfelbaumreihen mit den schweren roten Früchten, daneben die Weinstöcke in Reih und Glied. Tropfen auf dem Sommerlaub, Tropfen im blauen Wasser des Pools, Tropfen auch auf meinen nackten Füßen, die unter der Markise über der Terrasse hervorsehen. Ich finde den Regen nach wie vor nicht schlimm und ich lese dauernd die Hitzemeldungen aus aller Welt auf dem Handy nach, die furchtbaren Brandberichte.

Dann doch lieber Regen, gar keine Frage.

Ein Swimmingpool im Regen, dahinter die Berge

Ich mache der Familie Spaghetti Bolo mit reduzierten Zutaten, ich habe im Supermarkt nicht alles gefunden, er war mir zu riesig. Es schmeckt dennoch, das ist der große Ferienhunger vom Schwimmen und Wandern oder vom Veratmen des Wetters.

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Goncourt verlinkte auf Mastodon Jane-Birkin-Wohnungsbilder.

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Es ist außerdem, ich schreibe das nur noch mäßig interessiert für die Chronik, der Tag, an dem Twitter als Marke und damit für viele endgültig stirbt. Um den großen deutschen Dichter Rio Reiser zu zitieren: „Doch jetzt tut’s nicht mehr weh, nee, jetzt tut’s nicht mehr weh.“

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4 Kommentare

  1. Danke für den Urlaubsbericht. Ist der Pool alleine für diese Fereinwohnung oder zum Teilen mit anderen Menschen?

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