Dies und jenes anprangern

Freitag, der 25. August. Die Kaltmamsell und auch andere hatten es bereits verlinkt, aber ich wiederhole es, weil es wirklich interessant ist, das Interview mit Elisabeth Bronfen. Halten wir in der Gesellschaft Ambivalenzen schlechter aus, weil wir weniger Zeit haben oder weniger Zeit auch nur zum Denken aufzuwenden bereit sind? Das sind schon Gedanken, die man weiterführen kann, nicht wahr.

Mit meiner Annahme, dass die unblogbaren Probleme mit dem nahenden September wieder die Lage dominieren würden, lag ich dummerweise richtig, obwohl wir nach Kräften alles tun, es nicht zu einer self-fulfilling prophecy werden zu lassen, wir sind da nämlich so weit aufgeklärt. Herrje. Ein schlechter, ein sehr schlechter Tag. Alles mühsam veratmen.

Der versprochene Regen kommt ansonsten nicht, die gründliche Abkühlung kommt auch nicht, nicht einmal die Wolken kommen. Ich stehe am frühen Morgen auf dem Balkon und hadere mit allem, ich prangere dies und jenes an, aber wenigstens mache ich das leise. Es gibt genug andere Verrückte, die hier den ganzen Tag laut brabbelnd und mit dem Schicksal verbal ringend durch den Stadtteil laufen, viel zu viele gibt es davon, zu denen möchte ich freiwillig nicht gehören.

Kathrin Passig über Blogs:

Wir lesen Blogs nicht mehr so wissentlich wie vor 15 Jahren, „ich rufe diese Seite in meinem Browser auf“ oder „ich abonniere diesen Blog“. („Abonnieren“ bestand darin, dass man den Blog in den eigenen Feedreader aufnahm, aber Feedreader sind so erklärungsbedürftig geworden wie Wählscheibentelefone.) Ein Großteil von dem, was wir in unsere Social-Media-Timelines gespült bekommen, sind technisch gesehen in Blogs erschienene Beiträge. Aber wenn wir anderen davon erzählen, sagen wir nicht „stand im Nachtleuchtende-Grottenolme-Blog“, sondern wahrscheinlich nur „hab ich irgendwo gelesen, find ich jetzt nicht wieder“. Das Kassenbon-Textformat hat sich so flächendeckend durchgesetzt, dass es unsichtbar geworden ist.

Man möchte sich ja boomerhafte Sätze, die mit „Man …“ beginnen, gerne verkneifen, aber dass die Menschheit Feedreader mehrheitlich nicht verstanden hat – man kann einfach nicht aufhören, sich darüber zu wundern, nicht wahr, wenn man die Hochphase dieser unfassbar nützlichen Tools erlebt hat.

Aber gut, ich fühle mich bei dieser Feststellung mittlerweile auch schon wie jemand, der immer noch ein Wählscheibentelefon hat und nicht aufhört, dessen Vorzüge zu preisen.

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9 Kommentare

  1. Jetzt musste ich doch tatsächlich ins Internet um diesen Kommentar zu schreiben, denn ich liebe meinen alten, verschrumpelten, durchgekuschelten Feedreader. Und auch, dass sich darin Blogs versammeln, die seit Jahren stumm sind. Es ist mein eigenes Telefonbuch, wo die Nummern der Eltern noch drinnen stehen. Später hatte man sich nämlich aus den Augen verloren.

  2. @Katrin: Ah, das ist auch ein Aspekt. Mein Feedreader ist aufgeräumt, keine toten Feeds darin, auch keine Feeds von Toten, aber das ist natürlich Geschmacksache. Ich bin eher kein Aufbewahrer, generell nicht.

  3. Ich bin ja völlig unbedarft, wenn es darum geht, interessante Blogs oder Themen so zu speichern, dass ich sie später wieder finden kann. Deshalb meine Frage: Welchen Feadreader könnte ich nutzen (lese hauptsächlich mit Smartphone)?
    Herzliche Grüße

  4. @Ute: wenn es ein Apple Handy ist (oder noch besser alle benutzeten Geräte von Apple sind), dann ist imho https://reederapp.com/ das schickste und komfortabelste.

    (Nein, überraschenderweise verstehe auch ich nicht, was an Feedreadern nicht zu bedienen sein woll und wäre ohne aufgeschmissen)

  5. Hier noch eine feedreader-Begeisterte, ich nutze The Old Reader.

    Und darin nur aktuelle Sachen, die ich auch lese. Daher sind von einst 100 verfolgten feeds nur noch 18 übrig. „Buddenbohm und Soehne“ ist einer davon 🙂 Danke dafür.

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