Sonntag, der 1. Oktober, Nordostwestfalen. Vor dem Fenster am frühen Morgen ein Luftduell im ersten Licht, Krähen gegen Greifvögel, da braucht man keinen Actionfilm, wenn so etwas geboten wird.
In den sozialen Medien wird noch einmal das Zitat von Maja Göpel zur Zwischenzeit herumgereicht: „Wir befinden uns in der sogenannten Zwischenzeit. In der Transformationsforschung bezeichnet man damit die Phase, in der das Alte stirbt, der Status quo also keine Zukunft bietet, das Neue aber noch nicht geboren und damit noch wenig anfassbar ist. Wir sehen im Moment, wie die Krisen stärker werden neben den spürbaren Folgen der Klimakatastrophe – Corona als Zoonose mit harter Wirkung auf die Menschen, und jetzt noch der Krieg in der Ukraine, die Inflation und die geopolitischen Verschiebungen im Weltmaßstab. In dieser Unsicherheit beobachten wir die Versuchung, wieder ins Alte zurückkehren zu wollen, um unsere Unsicherheit einzuhegen. Und das ist kein gutes Rezept.“
Es wird zutreffend sein, nicht wahr, und der Begriff Zwischenzeit wird es irgendwann hinterher, nach uns vermutlich erst, treffend beschreiben, was gerade weltweit passiert. Das Zitat kommt aus diesem Interview aus dem April, auch der Rest ist lesenswert.
Beim Familienfrühstück geht es um die Frage, was im Laden des Bäckers, der im Dorf gerade für immer geschlossen hat, eigentlich vorher war. Da kommt man erst lange nicht drauf, dann fällt es doch wieder ein: Der Sattler. Diese lapidare Erwähnung kann man auch auf Maja Göpel beziehen, wie schnell Wandel nämlich gehen kann, wieviel Wandel in einen Lebenslauf passt – es ist also noch erinnerbar, dass hier Sattler Geschäfte betrieben haben. Meinen Söhnen müsste ich vermutlich erst erklären, was ein Sattler war, vielleicht werden sie ihren Kindern später erklären müssen, was ein Bäcker war. So geht Geschichte weiter, und wenn man es so sieht, haben wir in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren noch einiges vor uns.
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Ich schließe eine Bildungslücke und lese „Das Rätsel der Sandbank“ von Erskine Childers, Deutsch von Hubert Deymann, auch wenn es ein wenig widersinnig anmutet, weiter ins Binnenland zu fahren, um dort dann Geschichten von der Küste zu lesen. Der Roman stand im öffentlichen Bücherschrank im kleinen Bahnhofsviertel und passte mir gerade aus Recherchegründen sehr gut, er ist aber auch, nach den ersten dreißig Seiten zu urteilen, eine angenehme Lektüre, fein erzählt.
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Zum Wandel der Zeiten, gerade auch auf dem Dorf, empfehle ich von Ewald Frie „Ein Hof und elf Geschwister“. Aber das kennen Sie wahrscheinlich schon.