Sonnabend, der 7. Oktober. Ein Regentag, an dem ich mich dennoch schon morgens aufraffen und an die frische Luft begeben muss, denn es gibt die jährlich anstehende Gemeinschaftsarbeit im Gartenverein. Ich ziehe zum ersten Mal seit langer Zeit Gummistiefel an und werde schon auf dem Weg zur Insel der Gärten gründlich nass, ich gehe über die triefende Parzelle und sehe nach, ob alles okay ist. Nasse Äpfel in den Bäumen, unwirklich rotbackig leuchtend im grauen Tag, und gut schmecken sie. Überlaufende Regentonnen, gluckernd und melodiös läuft immer mehr Wasser aus dem Fallrohr nach und über den Rand.
Ein Sohn kommt dazu, um ebenfalls zu helfen. Wir gehen zum Vereinshaus, wir erfahren dort, dass die Gemeinschaftsarbeit heute wetterbedingt ausfällt. Umsonst nass geworden, aber immerhin Bewegung gehabt. Wir setzen uns in die kühle, etwas klamme Laube, der Regen prasselt auf das Dach und steigert sich. Wir warten eine Stunde ab, bis unsere Motivation endlich wieder reicht, durch den weiter stärker werdenden Regen zur U-Bahn zu gehen.
An dem hohen Holzpfahl vor unserer Hecke, über den früher einmal Telefonleitungen liefen, sitzen zwei Buntspechte auf halber Höhe und hämmern. Ganz nah sehe ich sie und denke, es hat sich also doch wieder alles gelohnt. Ein Tierfilmstandbild, zwei sehr schöne Vögel, noch nie habe ich sie so nahe gesehen. Sie machen eine Pause, sie drehen sich um und sehen mich an, was ich nun wohl mache. Ich mache gar nichts. Ich stehe da nur und werde nass, da hämmern sie schließlich weiter. Kopfarbeiter im Regen, und die Tropfen hämmern dabei fortwährend auf meine Kapuze.
Ich fahre mit der U-Bahn nach Hause. Kleine Pfützen auf dem Waggonboden vor allen Fahrgästen, jede und jeder tropft vor sich hin. Zerstörte Frisuren und durchweichte Kleidung, eine Stadt zum Auswringen.
Das Laub an den Bäumen auf dem Spielplatz vor unserem Haus sieht aus, als würde die attraktive Phase der bunten Metalle in diesem Jahr vorerst ausfallen, kein leuchtendes Messing in den Blättern in diesem Oktober, kein Kupfer, kein Gold, keine Bronze. Es ist eher ein zurückhaltendes Verblassen und Vergrauen fern aller Pracht, auch einige matt bräunliche Töne sieht man, aber das Bild wird sich in den nächsten Tagen noch ändern, hoffe ich.
Ich lese in einem Band mit Oktobergedichten, sie haben fast alle keinen Bezug zur Gegenwart ohne das flammende, leuchtende Laub. Schenk ein den Wein, den holden – das muss noch alles noch warten, auch Theodor Storm. Oder der Kästner, „Fröstelnd geht die Zeit spazieren“, es ist noch zu warm für solche Zeilen.
Die Herzdame ist konstruktiv, die Herzdame backt Eierlikörkuchen.
Ich drehe meine Einkaufsrunden durch den Regen, ich werde nass, ich ziehe mich um. Ich werde wieder nass, ich ziehe mich um, ich gehe wieder raus. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann es zuletzt einen ganzen Tag durchgeregnet hat, es muss lange her sein.
Ich lege mich aufs Sofa, ich höre den Überläufer vom Lenz durch, da geht es um den Krieg. In den Nachrichten währenddessen ein neuer Krieg, die Hamas greift Israel an, es ist keine Nachrichtenlage und kein Literaturkonsum, um an die Lernfähigkeit der eigenen Art zu glauben oder an irgendetwas Gutes im Menschen an sich.
Das Hörbuch immerhin, ich wiederhole es noch einmal, ist beeindruckend gut, man möchte Burghart Klaußner sofort einen Preis überreichen für diese beeindruckende Leistung.
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Dann trotz allem Projektarbeit besinnlicher Natur, ich lese Dinge nach. Mit welcher Ruhe im 19. Jahrhundert noch beschrieben wurde, ich find es sehr anziehend. Jemand beschreibt in einem Brief einen anderen Menschen und seine Wohnung und nimmt sich dafür drei, vier, fünf Blatt Zeit, bis er alles getroffen hat.
Es hat doch etwas.
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