Dienstag, der 17. Oktober. Ich arbeite im Home-Office in der Abstellkammer, die nach der Sommerhitze wieder erträglich temperiert ist, mein etwas seltsamer Rückzugsort steht mir wieder zur Verfügung. Der Raum ist groß für eine Abstellkammer, und voller Gerümpel, in das ich mich harmonisch einfüge, will ich meinen. Es stehen viele Bücher neben mir, eine ganze Wand, die im Wohnzimmer keinen Platz mehr hatte, wir haben sie vor Jahren hierhin verschoben, auf Augenhöhe der Graham Greene. Auch Kalligraphiezubehör im Regal, aus der Phase, als sich ein Sohn intensiv dafür interessiert hat, Federn und Tintenfässer. Ich mag es, diese Dinge um mich zu haben, ich benutze sie auch gelegentlich, schönes Spielzeug ist das. Ein aus der Zeit gefallener Raum, trotz des Notebooks auf dem Schreibtisch nicht modern wirkend. Der alte Sessel, noch von den Urgroßeltern der Söhne, auf dem ein reparaturbedürftiges Fahrrad geparkt ist, die Leiter, die wir so selten brauchen, all die Rollen mit Geschenkpapier für Weihnachten oder Geburtstage. Ein nicht montiertes Regalsystem aus der alten Wohnung meiner Mutter, das war in den Sechzigern einmal ganz weit vorne. Die Altkleider in Warteposition, bis sie endlich einmal abgeholt werden, die vielen Aktenordner mit der ganzen Ordnung des Lebens und auch der Vergangenheit. Fotos in kaputten Rahmen aus der Zeit noch vor den Kindern, damals der Urlaub in Dänemark. Oder weißt du noch, als wir in Dänemark waren, sang Ulla Meinecke, es ist lange her. Stapelweise Kochzeitschriften, ganze Jahrgänge, immer schon habe ich die Herzdame bekocht, seit 20 Jahren oder länger. Ich ziehe ein Heft aus dem Stapel, es gibt herbstliche Eintöpfe, so steht es auf dem Titelblatt, es passt. Gummistiefel, Winterstiefel, Werkzeuge. Abgeliebte Stofftiere der Söhne, eine große Freiheitsstatue aus Lego und zerbrochener Dekoklimbim. Loses Vogelfutter und auch Meisenbälle in großen Eimern, schwarze Regenschirme, der Koffer für die Dienstreisen der Herzdame. Eine unlängst erst abmontierte Klimmzugstange, Kartons, von denen ich nicht weiß, was sie enthalten. Eine großformatige Madonnendarstellung aus Ministeck, Dosen mit Kidneybohnen und Kichererbsen, Reispackungen, Nudeln und Mehl, daneben Leergut, das mal weggebracht werden muss. Es ist alles entweder alt, aussortiert oder gerade nicht in Gebrauch, es ist alles mehr oder weniger meins, es hat vieles auch Geschichten an sich.
Der Raum ist fensterlos und deswegen nur in der dunklen Jahreszeit zu genießen, wenn es draußen eh nichts zu sehen gibt und der Bildschirm des Notebooks den buntesten Ausblick bietet. Leise Musik bei der Arbeit laufen lassen, man hört es sonst im Treppenhaus, denn die Lüftungsschlitze über der Tür lassen etwas Sauerstoff sowie Cannonball Adderley und Miles Davis durch, ganz schmal macht sich die Melodie und verströmt sich auf dem Weg zum Fahrstuhl:
Die Söhne haben Ferien und Besuch, die Herzdame macht auch Home-Office. Die Wohnung ist mir viel zu voll und belebt, die Schreibtische sind heute auch alle besetzt. Ich ziehe mich zurück und da sind wir also wieder, das Gerümpel und ich, das wollte ich nur eben sagen.
„Na“, sage ich freundschaftlich zur Klappleiter, „auch hier?“
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Im Bild noch eben eine Botschaft der Straße:
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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.
Eine ideale Beschreibung für jemanden der gerne malt. Gutes Arbeiten und schöne Herbsttage.
Ministeck – das gab es schon, als ich noch Kind war, und ich habe es geliebt… Ganz vergessen bis gerade. Danke fürs Hervorholen, sage ich als bekennendes Fan-Girl der Buddenbohm’schen Betrachtungen.
„Betrachtungen aus der Abstellkammer“ wäre ein schöner Titel für ein ruhiges, äh, Betrachtungsbuch. Klingt friedvoll, genau richtig für diese Zeit, die wenig Rückzugsorte bietet.