Es regnete den ganzen Sonntag über, feiner, lästiger Stadtregen. Und warm ist es dabei, acht Grad, schon wieder zu viel für die Winterjacken, an die wir uns doch gerade erst gewöhnt haben. Ein unerfreuliches Wetter ist es, ich gehe zehntausend Schritte durch Pfützen, Matsch, über modernde, rutschige Herbstlaubreste und an nassem Müll vorbei. Es ist alles nicht sehr attraktiv heute und die Schmutzspritzer reichen nach einer halben Stunde Marsch bis über die Knie, die Menschen tragen Sprenkel. An den Wegrändern und unter den Brücken die aufgeweichten Lager der Obdachlosen, in der Fußgängerzone die verlaufende Schrift auf den Pappschildern der Bettelnden.
In der Deutschstunde schildert Lenz gerade den letzten Einsatz des Volkssturms, und während mein Hörbuch durch dieses Kapitel läuft, gehe ich an der zerschossenen Gedächtniskirche St. Nikolai vorbei, es ist fürchterlich passend.
Ich gehe dann tatsächlich, wie gestern erwähnt, runter zum Hafen, um wenigstens Bewegung zu haben, und auch um Bilder für die nächsten zwei, drei Tage und Blogeinträge zu organisieren. Wie etwa dieses hier, mit dem ich vielleicht plausibel belegen kann, dass es gewisse ästhetische Mängel gibt, wenn der Stadtschnee allmählich aufgebraucht ist und der Winter graue Wochen einlegt.
Es sind nicht viele Touristen unterwegs, für Hamburger Verhältnisse ist es fast leer im Regen an der Elbe. Man kann zügig geradeaus gehen und muss nicht alle zwei Meter jemandem ausweichen, das ist auch einmal schön. „Es wird langsam Zeit, über Glühwein nachzudenken“ steht auf einem Schild vor einem Restaurant, und das mache ich dann also auch und koche später am Tag das hier, Zimthähnchen in Glühweinsauce, das hatte sich früher bereits bewährt. Es ist auch als für die Köchin oder den Koch eher simples Weihnachtsessen brauchbar, denke ich, falls Sie da gerade einen Tipp brauchen. Nicht alle wollen wahnsinnig viel Aufwand treiben.
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Auf unseren Balkon kommt neuerdings auch eine Amsel, und sie kommt nicht nur, sie bleibt auch, im Gegensatz zu allen anderen Vögeln. Sie isst ein wenig und setzt sich dann mitten auf den Balkontisch, guckt sich um, guckt auch zu mir herein, plustert sich etwas auf und scheint es sich gemütlich zu machen, sofern das für Amseln eine überhaupt sinnvoll anwendbare Kategorie ist – und sitzt dann da. Lange. Ich sitze auch, nur eben drinnen, ich tippe am Notebook. Ab und zu sehe ich raus zum Vogel, ab und zu guckt der Vogel rein zu mir, und ich denke, wir finden das beide gut. Dann sehen wir beide einen Moment in den öden hellgrauen Himmel über uns, dann wieder einander an.
Näher komme ich hier nicht an ein Haustiergefühl. Es reicht mir allerdings auch so und ich freue mich sehr über die Amsel, der ich später noch etwas Nachschub hinstelle, was sie ohne Fluchtgedanken freundlich zur Kenntnis nimmt und dann ohne Hast noch etwas davon zu sich nimmt. Ich fühle mich, ohne recht zu wissen, ob ich auf Gegenseitigkeit hoffen darf, in Eintracht mit der Amsel.
Es sind die kleinen Freuden, wissen Sie, die man höher gewichten, die man immer ausführlicher beschreiben muss.
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Ich hatte gerade eine Weile eine Meise am Fenster, das war auch neu. Sie klopfte aufgeregt mit dem Schnabel an der Scheibe oder zerfetzte am Fenster daneben das Fliegengitter. Futter wollte sie nicht, oder das von mir bereitgestellte war ihr nicht gut genug. Ich habe dann nach ein paar Tagen das Fliegengitter abgenommen, da tat sie mir ein bisschen Leid, denn es dauerte ein bisschen, bis sie das gemerkt hatte. Inzwischen kommt sie nicht mehr, ich glaube aber nicht, dass es an meiner fehlenden Gastlichkeit liegt, da die Meisen, die ich an den Fenstern am Haus gegenüber beobachtet habe, auch nicht mehr da sind. Vielleicht war es Schwarm unausgelasteter Teenager Meisen? Eine Rentner-Gang? Ich weiss es nicht.
Danke für das Rezept!