Hinter dem Hauptbahnhof

Ich habe einen Radio-Essay von Roberto Simanowski gehört: Die Logik des Digitalen – Es zählt, was sich zählen lässt (28 Minuten, man kann den Text aber auch unter dem Link lesen, wenn das besser erscheint oder schneller geht). Er ist empfehlenswert für alle, die mit dem Digitalen etwas zu tun haben. Fühlen Sie sich also ruhig angesprochen, denn das haben Sie ja.

Und hinterher dann pflichtgemäß Billy Bragg hören: Not everything that counts can be counted. Manchmal müssen gewisse Songs einfach sein.

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Ich habe meinen Account bei Linkedin deaktiviert. Ich ertrage das Marketing-Geschwurbel dort einfach nicht, es ist mir geradezu körperlich unangenehm, warum soll ich mich damit herumquälen.

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Einige Herren sagten etwas dazu“ – ein neues Buch über die Autorinnen der Gruppe 47. Das mal vormerken.

Es gibt frische Links bei Kid37.

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Hinter dem Hauptbahnhof, wo die Stadt deutlich unschöner wird, zwischen dem ZOB, der Methadonausgabestelle, dem Museum für Kunst und Gewerbe, dem Duschbus für die Obdachlosen und der Zentralbücherei, wo schmucklose Brücken über die vielen Gleise führen, steht ein stark schwankender Mann am Straßenrand und pisst.

Er steht dabei nah an den vorbeifahrenden Autos, die durch tiefe Pfützen fahren, so dass das Wasser aufspritzt und ihm die Beine nässt, der Mann dreht sich daher etwas aus der Richtung. Er macht das allerdings, während er noch seine Blase entleert, und er dreht sich dabei dummerweise in den Wind, der hier ungehindert über breite Schneisen für Gleise und mehrspurige Straßen weht.

Er braucht eine Weile, bis er es bemerkt, denn er denkt nicht mehr allzu schnell, wie man sich aufgrund seines Schwankens leicht vorstellen kann, aber er steht nun in einer scharfen Brise und daher auch in seiner Uringischt, hellgelbe Tropfen wirbeln hoch auf und um ihn herum, und die wenigen Passanten in der Nähe schlagen ruckartig Haken, um dem Geschehen nicht zu nahe zu kommen. Angewiderte Blicke, lautes Schimpfen, Kopfschütteln, und der Mann steht da, bedröppelt und bepinkelt, und guckt leer.

Pardon. Es ist nur, was man hier so beobachtet, wenn man kurz um den Block geht. Quasi Chronistenpflicht.

Es geht diesen Menschen, also denen aus der Alkoholszene, darunter viele osteuropäische Männer, sehr schlecht, und es wird ihnen exakt gar nichts helfen, dass der Konsum von Alkohol auch um den Bahnhof herum bald verboten sein wird, ab April wohl. Symptombekämpfung ist das, keine systemische Lösung.

Zum Beispiel gibt es auch, um an den ersten Absatz zu diesem Thema kurz noch einmal anzuschließen, viel zu wenig kostenlose öffentliche Toiletten. Dabei besteht hier Bedarf an buchstäblich jeder Ecke und mehr davon würden tatsächlich ein Problem lösen, nicht verschieben.

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Im Tagesbild eine Ente mit Haltung.

Ein Sticker an einer Wand, darauf eine Ente im Disney-Stil, wie Donald, mit Sprechblase: "Stand against Racism" , darunter der Slogan "Enten gegen Nazis"

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

3 Kommentare

  1. Guten Morgen,

    „Symptombekämpfung ist das, keine systemische Lösung.“ Ich finde, dass kann man in vielen Bereichen Sagen. Und das ist das wirklich traurige an der Sache.

    Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag

    Gruß Katrin

  2. Hier heute morgen ein bärtiger Mann im Bahnhof, barfuß, die Schuhe in der Hand. Er stand dicht vor einem Werbescreen, auf dem zuckerbestreute Berliner (Krapfen, Pfannkuchen) abgebildet waren, die er anzusehen schien. Er hatte sich über die Nasenspitze einen Schlüsselring gezogen, an dem ein Schlüssel hing, der ihm über dem Mund baumelte.

  3. Vielen Dank für den informativen und nachdenklich machenden Tip zum digitalen Zählen in seinen unterschiedlichsten Facetten.

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