Ich habe noch nie gesehen, dass Möwen Kirschen essen, aber heute wird es mir vorgeführt, ich sehe es vom Balkon aus. Eine Möwenbande fällt ein, fünf oder sechs Vögel sind es. Sie umkreisen gierig den alten Kirschbaum nebenan, dessen Früchte unter der in Hamburg rar gewordenen Sonne gerade erst etwas Röte gewonnen haben. Sie greifen ungeschickt schnappend im Vorbeiflug zu, und man sieht, dass sie dabei keine hohe Erfolgsquote haben können. Geschicklichkeit sieht anders aus.
Sie setzen sich auch auf für sie viel zu dünne Zweige und verrenken sich dann den Hals vom wild wippenden Ansitz aus, mit dem aufgerissenem Schnabel vor den tanzenden Früchten herumfuchtelnd. Sie versuchen, wie die Stare vorzugehen. Und man sieht sofort, das ist nicht ihr Metier, davon haben sie keine Ahnung. Sie machen da bei etwas mit, für das sie nicht geschaffen sind, und sie scheitern mit großer Selbstverständlichkeit daran. Auch bei Möwen hin und wieder etwas mitfühlen.
Ich lese im Internet nach, ob Möwen häufiger versuchen, Obstbäume zu plündern. Und ja, das ist tatsächlich der Fall. Es ist mir bisher nur nie begegnet.
Für ein seltsames Sommerbild reicht mir dieser Moment jedenfalls. Sechs Möwen vor verlässlich grauem Himmel rauben unbeholfen flatternd unter gellendem Überfallgeschrei blassrote Kirschen aus Nachbars Garten. Das ist hier gerade der Juni, und auch bei diesem Bild wiederholen wir spontan ein Lied, ein Lieblingslied.
Natürlich tun wir das. Und wir trinken bei der Gelegenheit vielleicht auch am Abend ein Glas auf Herrn Koppruch und andere Abwesende. „2024 und er fehlt einfach“, steht auf Youtube in den Kommentaren zum Song. Jo.
Im Bild allerdings sind heute nicht die Kirschen in Nachbars Garten. das sind die vom eigenen Baum. So ist gerade der Stand bei uns.
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Im öffentlichen Bücherschrank steht neben Ibsens Dramen und einigen Werken von Steinbeck und Danella, die Mischung dort ist natürlich immer wild und besonders bunt, Georg Stefan Trollers „Personenbeschreibung – Tagebuch mit Menschen“. Eine angenehme Lektüre, selbst wenn man abends vor Müdigkeit nur noch zwei, drei Seiten schafft. Kurze und sehr kurze Texte über seine beruflichen Begegnungen mit bekannten und schon nicht mehr so bekannten Personen in Paris und drumherum, immer interessant.
Herr Troller ist, wenn ich es richtig sehe, sagenhafte 103 Jahre alt, sein letztes Buch ist nicht lange her. Auch mal solche Vorbilder zur Kenntnis nehmen.
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