Zahlen an den Wänden

Vorweg ein herzlicher Dank für die freundliche Zusendung von Lion Feuchtwangers „Erfolg“, das Buch stand auf dem Wunschzettel. Der Roman „weitet sich zu einer Geschichte der allgemeinen deutschen Zustände in der Epoche des beginnenden Nazismus aus„, schrieb Victor Klemperer damals. Die Gegenwartsbezüge werden einen also mit Gewissheit überall anspringen.

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Morgens in den Nachrichten die Meldungen über Hitzetote, über eine Unzahl sterbender Pilger in Mekka, über vom Himmel fallende Vögel und Fledermäuse anderswo. Dann weiter über noch mehr Rekordtemperaturen in verschiedenen Weltgegenden. Daneben, etwas kleiner, die Nachricht, dass wir so viel fossile Energien verbrauchen wie nie zuvor.

Es gehört auch zum Menschsein, denke ich, es macht uns auch aus, dass wir in der Lage sind, die eigene Art knalldumm und furchtbar zu finden. Ich glaube nicht, dass andere Lebewesen auf diesem Planeten dazu auch nur ansatzweise befähigt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ameise in ihrer rastlosen Arbeit irgendwann innehält, ihre Verwandten ansieht und skeptisch denkt: „Was sind wir denn bitte für eine schauderhafte Gurkentruppe.“

Aber wir, wir können das.

Was wir alles können.

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Eine zeitlich gerade passende Radiosendung über echte, gefälschte, verbogene und erlogene Traditionen zur Sonnenwende, über völkische Feuer, Ting-Taumel, Druidendarsteller und schwedische Bräuche im Möbelhandel.

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Ansonsten gab es wieder das Renten-Thema im Büro, ein weiterer Abschied. Und wieder die erwartbaren Gespräche, wer arbeitet noch wie lange. Vielleicht sollten wir, also wir alle aus dieser Altersgruppe, uns die entscheidenden Zahlen gut sichtbar an die Wände hinter den Schreibtischen hängen. Dann hat man die Restwerte beim Smalltalk immer parat, muss nicht jedes Mal erst nachfragen und kann jederzeit vergleichen.

Diese Restwerte werden uns eh unweigerlich durch die verbleibenden Jahre begleiten, das langsamste Herunterzählen des Lebens wird es vermutlich sein.

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Nach der Arbeit kurz in den Garten, dort eine weitere Handvoll reifer Himbeeren gegessen. Immerhin. Dann noch einmal kopfschüttelnd vor den Beeten gestanden, aber das motiviert die Kümmerpflanzen dort auch nicht mehr.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

Ein Kommentar

  1. Mein „Restwert“ läuft durchs Schulhaus: Die diesjährigen 5er und ich werden gemeinsam „school‘s over“ feiern. War schon ein merkwürdiges Gefühl, dass diese Wielanghabbichnoch-Zahl so konkret fassbar wurde…

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