Fortschritte hier und da

Am Nachmittag des heißen Freitags mit der weltweit so spektakulär zerschossenen virtuellen Arbeitsumgebung ging ich zum Friseur. Zauselig wochenlang verspätet wie immer und trotz Hitze windverweht. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann es hier zuletzt windstill war, es muss mittlerweile lange her sein. 2024 auch als durchwehendes Jahr betrachten, es ist doch ein markanter Umstand.

Der Friseur ist im Souterrain unter einem alten Gebäude, quasi in einem Kellergewölbe. Darin war es herrlich temperiert, höhlenhaft kühl und bei der immer drückenderen Juliluft in der glühenden Stadt überaus angenehm. Das Kürzen der Haare fühlte sich an wie das Abnehmen einer saisonal verfehlten Pelzmütze. An Hitzetagen ist so ein Untergrundfriseur eine unbedingte Empfehlung, man macht eine belebende, befreiende Erfahrung. Beschwingt für wenigstens einen Moment ging ich danach wieder nach Hause. Zurück ins Backofendachgeschoss, um dort den hochsommerlichen Schmelzprozess fortzusetzen.

Kurz war es immerhin nett, da unten im Keller. Aber ich kann bei Hitze auch nicht jeden Tag zum Friseur gehen, ich habe weder so viele Haare noch so viel Geld.

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Am Sonnabend in der Bücherei gewesen und einen Arm voll italienischer Literatur besorgt, wie geplant. Dazu die Erinnerungen von Vicki Baum, von denen die Kaltmamsell mehrfach schrieb.

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Ich habe in letzter Zeit etliche Filme aus den Siebzigern gesehen (es ist alles nur eine Phase) und gar nicht hier untergebracht. Mit immer größerem historischem Interesse an diesem Jahrzehnt habe ich die gesehen, an dieser seltsamen Zeit, in der ich Kind war und Teenager wurde.

Mit immer mehr Augenmerk darauf, dass das, was in diesen Filmen abgebildet und geschildert wurde, doch wohl zwingend das war, was mir damals als kollektive Erzählung die zu erwartende Welt der Erwachsenen erklärt hat. Und also sicher auch meine Vorstellungen für eine Weile geprägt haben wird. So hat man mir erwachsene Männer und Frauen und ihr Benehmen vorgeführt, ihr Paarungsverhalten, ihre Karrieren, Ziele und alles.

Vor diesem Hintergrund ist es dann die Zeit wert, auch Filme, die ausdrücklich schlecht gealtert sind, wie aktuell etwa „Ein Elefant irrt sich gewaltig“ (1976) auf arte, noch einmal zu sehen. Darüber hat man damals also gelacht. Über dieses platte Männer- und Frauenbild, über diese ruckelige Beziehungssystematik und die kaum zu ertragende Kommunikationsunfähigkeit bei allen Beteiligten. Über diesen schlichten Chauvinismus etc. Lässige Klapse auf Kellnerinnenpopos als Ausdruck heiteren Überschwangs und dergleichen, man schämt sich fast beim Zusehen. Aber so war es eben.

Nur Jean Rochefort ist weiter sehenswert in seiner Rolle, er spielt einfach gut. Oder er hat ein Gesicht, das ich heute noch gerne sehe, ich kann es kaum unterscheiden.

Aber der Rest … meine Güte. Wie viele hundert Jahre sind die 70er her, wie weit war der Weg. Diese Frage bei jedem Film aus der Zeit.

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Fleetblick von der Fleetinsel elbwärts

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2 Kommentare

  1. Das mit Vicki Baum ist wirklich schön. Ich habe auch die Blogeinträge gelesen und gedacht, das würde ich gerne lesen und heute bei der Bücherhalle die berüchtigte Anzahl 0/1 gesehen und gedacht, damn, was für ein Zufall. Ist natürlich keiner.

  2. … und dann habe ich doch einige Filmsequenzen aus dem Elefanten angesehen … un.er.träg.lich. Kann man nur als soziologische Studie konsumieren.
    Und Sie haben recht: Einzig Jean Rochefort ist ansehbar. Aber ich finde ja auch heutzutage französische Komödien … nun ja.

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