Urlaub und Unbill

In den Blogs und Timelines mehren sich saisongerecht die Urlaubsmeldungen, die Reiseberichte und die Postkartenfotos von Meeren und anderen Landschaften mit ausgeprägtem Schönheitsaspekt. Diesmal alles mit einem markanten Nord- und vor allem Dänemark-Schwerpunkt. Teils ist es dort gerade etwas herausfordernd, was das Wetter angeht. Kapuzenbilder sieht man hier und da, aber wann ist das Wetter schon perfekt. Und über Unbill aller Art schreibt es sich ohnehin besser und leichter als über reinen Genuss und ruhigen Seelenfrieden. Das Wetter dort oben soll uns als Konsumenten dieser Art von Abenteuermeldungen also nicht weiter stören, im Gegenteil.

Mich erreicht passend dazu eine verlockende Einladung auf eine Lieblingsinsel. Der ich diesmal zwar wegen anderer Pläne nicht folgen kann, aber es ergeben sich Optionen, das ist immer schön.

Ich lese über Urlaube, ich verlinke Artikel zum Tourismus, ich denke über das Reisen nach. Ich führe mehrere Gespräche über Urlaub und Ferien, vom Kolleginnen-Smalltalk am Kaffeeautomaten bis hin zu tiefsinnigeren Austauschversuchen. Auch über die stets irritierende Urlaubs- und Entspannungsunfähigkeit rede ich, mit der ich wieder nicht allein bin. Nie ist man mit etwas allein. Manchmal ist es ein Trost, manchmal ist es ein Fluch.

Wer fährt also wie lange wohin und was wird dann dort gemacht. Überall klingt es gerade an, „Warst du schon“ als Gesprächseinstieg. Das gemeine Fernweh bleibt bei mir weiterhin aus, das ist vermutlich eine Art Glück – muss ich mich damit nicht auch noch herumschlagen. Man hat doch in der Regel schon genug Probleme im Alltag. Ich lese und höre Reiseberichte manchmal gerne, aber sie locken mich meistens nicht.

Dennoch nebenbei schon einmal Koffer packen. Für ein wenig Reiserei, die Familie zieht mich mit. Nicht alles im Leben muss man selbst entscheiden, und auch das kann ein Vorteil sein. Und man packt ohnehin viel konzentrierter, glaube ich, wenn man nicht durch übermäßige Vorfreude abgelenkt wird.

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Schnell noch einmal in der Bücherei gewesen. Ich hatte doch glatt Italo Svevo vergessen, und so geht es ja nicht. Seinen Zeno Cosini auf der Reise endlich einmal nachholen, das ist auch so ein Vorhaben seit Jahrzehnten.

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In den Medien gibt es mehr und mehr Schlagzeilen zu Olympia und mir fällt wieder ein, dass wir das als Kinder stunden- oder tagelang im Fernsehen gesehen haben. Ohne jedes Interesse an Sport, nicht nur in meinem Fall. Nur weil es nichts anderes gab, siehe auch Wintersport. Man kann es heute kaum noch erklären, dass man da stundenlang vor dem Dressurreiten oder sogar vor dem Biathlon gesessen hat, weil es immerhin bunte Bilder mit Ton waren und damit doch besser als alles andere. Immer in der Hoffnung, dass da irgendwas halbwegs Unterhaltsames, Unvorhergesehenes passieren könnte. Ein scheuendes Pferd, ein Sturz, ein Unfall. Die Erwartungshaltung war moralisch keineswegs einwandfrei.

Man kann es heute kaum noch vermitteln, meine Söhne machen keine auch nur annähernd ähnliche kollektive Erfahrung. Man kann es sich auch selbst kaum noch vorstellen, aber so war es eben. Opa erzählt vom Krieg, Opa erzählt vom Fernsehen im letzten Jahrhundert.

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Halbwegs passend dazu gehört: Eine neue Folge Radiowissen über Zeitzeugen und ihre Bedeutung.

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Zwei Tretboote an einem Steg an der Außenalster

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2 Kommentare

  1. Zeno Cosini ist einfach Klasse!
    Ich wurde drauf gestossen, als damals Harald Schmidt das Hörbuch vom NDR erwähnte und ich eine Zeile daraus hörte. Da keimte in mir sofort der Lese-Reflex. Hm, gerade fällt mir auf, dass ich darüber gar nichts geschrieben habe… sowas.

  2. „Man kann es heute kaum noch erklären, dass man da stundenlang vor dem Dressurreiten oder sogar vor dem Biathlon gesessen hat…“ Ich glaube, der Sport war gar nicht das Wichtige beim früheren Fernsehen. Wichtig war, dass die ganze Familie gemeinsam etwas tat, Nachbarn und Kollegen sahen sich am nächsten Tag und sprachen alle über das gleiche Erlebnis. Dieses Gemeinsam fehlt heute. Selbst wenn man im gleichen Raum sitzt, hat jeder ein anderes Endgerät in der Hand und möglichst Kopfhörer, damit keiner mitbekommt, womit sich der andere gerade beschäftigt. Darin sehe ich den Verlust heute.

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