Fallobst, Kastanien, Weinlaub

Vorweg ein herzlicher Dank für die freundliche Zusendung eines E-Gitarren-Lehrbuchs für Sohn I und für zwei Bände Alice Munro für mich. Der Herbstlektürestapel wächst und wächst, schon in den Oktober, wenn nicht in den November. Sehr schön ist das!

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Ein weiteres Update zum Overtourism: Rom erwägt Eintrittsgebühr für den Trevi-Brunnen.

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Die Kaltmamsell zitiert Nils Minkmar. Sie war diesmal schneller als ich, ich hätte das auch vorgesehen, und ähnlich in der Auswahl. Aber man beachte bitte bei ihr auch den Verweis zum Grabstein von Ströbele.

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Am Sonntag haben wir einen Sohn zur Klassenfahrt ins Ausland verabschiedet. Wir standen mit den anderen Eltern und Schülerinnen des Jahrgangs auf dem Schulhof und warteten auf die Reisebusse, die dann lange, lange nicht kamen. Nach alter Tradition geht am Tag der Cyclassics, des großen Hamburger Radrennens, nichts mehr in der Stadt. Der Verkehr wird mehr als kompliziert, die Umleitungen absurd. Wir standen da also ungeplant über eine Stunde und merkten in etwa alle gleichzeitig, womit im Sommerendspurt dieses Wochenendes schon keiner mehr gerechnet hatte – dass wir nämlich sämtlich in den allerletzten Stunden der ausklingenden Hitzeperiode in akute Sonnenbrandgefahr gerieten.

Sich monatelang vor der Strahlung verstecken wie ein Grottenolm, nur um am letzten Tag der Phase noch draußen knusprig geröstet zu werden. Es ist doch alles nur als eher schwarzer Humor der Göttinnen zu verstehen.

Und dann so eine gemeinschaftliche Bewegung der ganzen Gruppe in den schmalen Schattenstreifen unter den paar Bäumen hinein. Wie choreografiert sah es aus. Wieder ein Moment, in dem besonders gut zu beobachten war, wie gleich und synchron wir alle oft ticken, wie getaktet wir sind. Wir Herdentiere, wir Schwarmvögel.

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Kalendarisch programmgemäß habe ich beim morgendlichen Spaziergang durchs Revier urbanes Fallobst und auch die erste Kastanie gefunden. Ich habe diese Kastanie dann aber nicht mitgenommen, wie es doch Tradition ist. Denn es lag weit und breit nur eine einzige davon herum und ich dachte, irgendein Kind wird sie gewiss dringender brauchen. Und sich hoffentlich mehr darüber freuen.

Wenn das denn noch stimmt. Am Ende geht man bei solchen Themen von der eigenen Kindheit und der der eigenen Kinder aus und liegt längst falsch. Es hat sich alles weiterentwickelt und wer weiß wohin. Am Ende interessieren Kastanien seit Jahren keine Sau und keine Kinder mehr. Aber mich doch noch für ein Foto, denke ich widerständig, das immerhin, und damit nehme ich sie in gewisser Weise doch mit.

Und es war ohnehin, das ist auch richtig, noch kein Übergangsjackentag, und erst ab diesen Tagen hat man genug Taschen an den Klamotten, um Herbstfundstücke aller Art mit sich herumzuschleppen.

Auf dem Kirchhof der Wein an der Ziegelwand, er wird programmgemäß und dekorativ wie immer rot, es geht nun alles recht schnell, nehme ich an. Der Herbst wird etwas aufholen.

Ein gammelnder Apfel auf einem Mauervorsprung

Eine erste Kastanie vor einem nicht dazugehörigen welken Blatt

Rot werdendes Weinlaub an ziegelroter Kirchenmauer

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Gehört: Niederungen, eine Auswahl aus dem ersten Erzählband von Herta Müller, gelesen u.a. von ihr. Wiederum keine erheiternde Lektüre, was soll ich sagen. Es ist auch Herbst in meinen Themen, so kommt es mir vor.

Außerdem habe ich Sendungen über Bruckner gehört. Es waren gerade mehrere im Angebot, etwa hier das Kalenderblatt, zu seinem Geburtstag vor zweihundert Jahren. Ich glaube, die Symphonien merke ich mir für den weiteren Verlauf der Dunkelsaison einmal vor, ich habe da eine größere Bildungslücke. Und schon hat man weitere Pläne, so geht das zu.

Apropos Pläne, durch Nicole Seiferts Buch, das mich weiter begeistert, habe ich mittlerweile Nachholbedarf bei Ruth Rehmann, Ingeborg Drewitz, Barbara König, Helga M. Novak, Ingrid Bachér, Gisela Elsner sowie weiteren Frauen vermerkt. Und ich bin noch gar nicht durch, ich bin erst etwa in der Mitte des Buches. Sehr erfreuliche Lektüreaussichten und Weiterbildungsmöglichkeiten wachsen mir da zu.

Außerdem habe ich gestern noch Diverses auf arte hoffnungsvoll in die Lesezeichen geschoben und nebenbei sogar Theaterkarten für die Herzdame und mich gekauft, weitere für mich und eine geschätzte Freundin sind in Terminverhandlung. Die Tage der Monate mit -er am Ende werden zu kurz für das alles sein, es ist recht klar abzusehen.

Aber wenn sie zu lang wären – nicht auszudenken.

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4 Kommentare

  1. Mag sein, dass Österreich dem Trend hinterherhinkt. Aber hier liegen die ersten zwei vom Kind gesammelten Kastanien schon seit zwei Wochen. Goldrichtige Entscheidung also.

  2. Auch ich kann Sie da beruhigen, auch in Süddeutschland wird die gute alte Tradition noch hochgehalten. Die Kinder sehen fast täglich nach, wann endlich die Kastanien fallen. Die werden dann fleißig gesammelt, weniger fleißig verbastelt, und an Tipps zum Verfahren mit den Restbeständen wäre ich sehr interessiert.
    Danke für Ihre schönen Texte!

  3. Als ich klein war, gab es Kastanien-(und Eichel-)sammelwettbewerbe in meiner Stadt, die gingen alle an die Tiere im Zoo. Weiß nicht, ob die das immer noch machen, jedenfalls waren auf dem Siegerfoto in der Zeitung immer so halbe Lastwagenladungen zu sehen, ich hab gar nicht erst mitgemacht.

    Hingegen werden hier weiterhin von Kindern begeistert Kastanien gesammelt, fachmännisch verglichen, nach Schönheit sortiert. Heute morgen lagen auf der Holzplattform der Spielplatzseilbahn etwa 60 Kastanien, das Sortieren genügt wohl, bis zum Basteln wil mans dann doch nicht treiben.

    Ich habe 3 schöne Kastanien in der Hosentasche.

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