Auf dem geistigen Heimweg

Ein weiteres Update zum schönen Dauerthema Tourismus sah ich, denn die Kaltmamsell ist auf Mallorca und sie ist nicht dorthin geflogen. Von Berichten dieser Art würden mich mehr interessieren.

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In den Mediatheken gibt es gerade Leonard Cohen satt, quasi Festwochen, es ist fast schon etwas unübersichtlich. Angefangen bei einem Zeitzeichen für den kurzen Einstieg. Dann weiter mit dem Londoner Konzert 2008 bei arte, und dort findet man auch eine Doku über „Hallelujah – ein Leben, ein Lied“. Wir haben ferner die ARD-Podcastreihe „So long, Cohen“ und als Krönung schließlich die Serie (acht Teile) „So long, Marianne“. Die, soweit ich auf den ersten Blick sehe, in den Medien gut besprochen worden ist, ich habe noch nicht damit begonnen.

Bei Gaga Nielsen wird außerdem gerade das Video zu „Moving on“ gezeigt. Das wurde in seinem Haus auf Hydra gedreht, es gehört heute seinem Sohn, schreibt sie. Irgendwo dort in der Nähe war auch der Wire, auf dem damals der Bird gesessen hat, man hörte dann später oft davon. Dieses Lied vom Vogel habe ich einmal live von der überaus geschätzten Esther Ofarim vorgesungen bekommen.

Also nicht nur ich, es waren noch mehrere Hundert andere Menschen dabei, versteht sich. Das war jedenfalls ein bemerkenswert schöner Moment. So einer, den man sich merkt, und bei dem man sich denkt, Gott sei Dank bin ich in dieses Konzert gegangen. Da habe ich jetzt etwas Bleibendes.

Jedenfalls überall einmal reinsehen und hören. In der nächsten Woche kommt der Regen, sehe ich übereinstimmend in sämtlichen Wetterberichten, wird es auch kälter, geht es viel deutlicher auf den Oktober zu. We want it darker, da sollte es doch passen, sich mit Dichtung zu beschäftigen.

Der Text im folgenden Lied ist nicht von ihm, aber das Lied ist doch sehr cohenesk, finde ich. Cohenesk und wunderbar.

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Ein neues Hörbuch habe ich angefangen, wieder ist es aus der öffentlichen Bibliothek über die Libby-App. Die sich Gott sei Dank merkt, wo man zuletzt beim Hören gestoppt hat, was beim Streamingdienst unfassbarerweise nicht der Fall war. Eine seltsame Fehlleistung in der Programmierung, die ich nie verstanden habe. Es wird sicher kein Zurück für mich mehr geben. Bibliotheken sind mir ohnehin lieber als kommerzielle Plattformen, da gibt es nicht viel zu überlegen. Ich finde auch genug Bücher in der Bibliothek, auf Monate hinaus, die Merkliste wächst und gedeiht.

Das Musikhören zu verlagern, all die Playlists, das wäre eine deutlich größere Aktion. aber wer weiß. Auch dafür vielleicht einmal Zeit nehmen. Die langen Winterabende, ja, ja. Nach und nach alles auf- und umräumen, immer eine feine und auch besinnliche Beschäftigung für die Monate auf -er.

Nun höre ich den „Wendepunkt“ von Klaus Mann, mit zwölf Stunden ebenfalls eher Langstrecke. Das ist wieder ein letztes Buch, wie schon beim Kempowski, das wird ein Zufall sein. Oder aber mein Unterbewusstsein ist da auf einem Trip, von dem ich noch nichts weiß. So einem Unterbewusstsein ist bekanntlich merkwürdig viel zuzutrauen, es entwickelt manchmal Interessen, ohne vorher groß zu fragen, ohne jedes Briefing. Man lebt so vor sich hin und fragt sich irgendwann überrascht, was zum Teufel man eigentlich macht und warum. Dann hört man bald neben dem Tinnitus das leise Lachen im Hintergrund des Hirns. Sie kennen das, nehme ich an.

Wo war ich. Gelesen wird das Werk diesmal von Ulrich Noethen, angenehm zurückhaltend trägt er vor, es erscheint mir passend.

Das erst posthum und nur mit Hilfe des Vaters erschienene Buch kenne ich bereits. Aber die Lektüre ist ausreichend lange her, das geht längst wieder. Man findet immer Neues, wenn das letzte Leseerlebnis Jahrzehnte zurückliegt, man liest als anderer Mensch. Gleich zu Beginn stellt Klaus Mann im Rückblick auf seine Kindheit und sein Leben fest, dass er als Zeiten der Seligkeit nur die Momente gelten lassen kann, die er im Schlaf verbracht hat. Und er fügt mit maximaler Bitternis und in aller Kürze an: „Es gibt kein Glück, wo Erinnerung ist.“

Damals habe ich vermutlich drüber weggelesen, diesmal bin ich beim Spaziergang mit dem Hörbuch etwas abrupt stehengeblieben. Das musste ich doch etwas nachklingen und wirken lassen, denn das saß, dieser Satz. Und er gärt vielleicht immer noch, aber das passt immerhin auch jahreszeitlich.

Es soll mir also willkommen sein. Herbstgedanken, wo sie hingehören, ich freue mich auf die Saison. Der September fühlt sich immer ein wenig wie ein geistiger Heimweg an.

Bilder: Oben eine Spiegelung an der Bleichenbrücke, unten ein Blick aus der Europa-Passage.

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