Den Wendepunkt von Klaus Mann am Sonntag durchgehört. Immer weiter durch die Kapitel, die immer furchtbarer werden, immer tragischer, und es gibt über die ganze Strecke nirgendwo einen Mangel an aktuellen Bezügen. Man hört oder liest ein paar Absätze, man macht die Nachrichten an und es passt.
„Haben wir nicht gewusst, dass Österreich fallen wird, und sind dennoch wie vor den Kopf geschlagen?“
Aber gut, es war ein etwas anderer Zusammenhang damals, 1938 war kein Wahlergebnis gemeint.
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Zur Soziologie des Alltags: Nils Minkmar über die Grenze zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen.
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Wir winken Kris Kristofferson, einem der ganz großen Songschreiber, der nun nichts mehr zu verlieren hat. Hier ein Nachruf im Guardian.
Gehört: Eine neue Folge Radiowissen über Tschingis Aitmatow und Kirgisien: Nomaden, Jurten und Kolchosen. Mit einer feinen Querverbindung zur neulich von mir besuchten Ausstellung in Lübeck über Thomas Manns Zauberberg. Die attraktiven Züge der Hauptfigur Clawdia Chauchat werden, und ich hoffe, mich richtig zu erinnern, im Roman auch als kirgisisch bezeichnet.
Apropos Aitmatov, ich war in der letzten Woche zum ersten Mal in der neuen Rathauspassage. Die so neu nicht mehr ist, ich brauche oft eine beklagenswert lange Anlaufzeit bei neuen Projekten und Adressen in dieser Stadt, ich komme zu nichts. Ich war auch als vielleicht letzter Hamburger noch nicht in dieser modernen Elbphilharmonie da unten am Hafen.
Aber da ich mich gerade kulturell bemühter und jedenfalls umtriebiger gebe, komme ich womöglich in den nächsten Monaten dazu. Man hofft so vor sich hin.
Die Rathauspassage ist ein soziales Projekt mit Flächen in bester Lage. Ich war angenehm überrascht, dass das Angebot im Antiquariat dort ansprechend und auch günstig war. Da demnächst mit mehr Zeit hingehen, da demnächst einige Bücher abräumen. Etwa die Erzählungen von Aitmatow. Die hätte ich gleich mitnehmen sollen, wie ich hinterher dachte und mich ärgerte, die standen da bereit für mich.
Der nächste Monatswechsel steht bevor. Ich habe einen ersten Blick in den schmalen Band mit den Oktobergedichten geworfen (aus der empfehlenswerten Reclam-Reihe), wie ein feingeistiger Prepper. Lyrisch gesehen entspricht die Lage aber dem, was ich neulich bei den Äpfeln erwähnt habe: Es gibt eine Abweichung von zwei oder eher schon drei Wochen zum althergebrachten Rhythmus. Wir sind bezogen auf die lyrischen Bilder noch Anfang September, denn das Obst geht vor, etliche Natureindrücke aber gehen nach, die assoziativen Verbindlichkeiten gehen überall baden.
Es ist ein großes Durcheinander da draußen, siehe auch die allgemeine Weltlage. Zu der wir uns am Wochenende im Altonaer Museum außerdem die Ausstellung World Press Photo 2024 angesehen haben. Hier der Museumslink, hier ein Bericht im NDR dazu, die Ausstellung läuft bis 14. Oktober.
Es war zu voll dort für meinen Geschmack, man musste einen langen Hals machen, um die Beschriftungen neben den Bildern lesen zu können. Die alternde Gesellschaft rückte auf und zusammen, so dicht es nur ging, man setzte Lesebrillen auf und ab und suchte allgemein nach der einzig richtigen Entfernung zur Schrift auf den kleinen Erklärtafeln, einen Schritt vor und zwei zurück.
Es interessiert also, was da gezeigt wird, und so soll es sein.
Nimmt man die gezeigten Aufnahmen als Abbild der Gesamtsituation, kann man seine Stimmung gleich wieder tagelang vergessen, das rauscht dann so ab. Was man da ausgestellt sieht, es ist in vielen Fällen nicht eben leicht zu betrachten. Man fragt sich vor manchen Bildern auch, wie man es aushalten kann, so etwas zu fotografieren, und man denkt sich vielleicht nebenbei: Ich könnte das ja nicht.
Aber wer weiß schon, was man alles könnte.
Eine Bildstrecke in der Ausstellung zeigt die ersten Klimaflüchtlingen in den USA. Dazu hatte ich vor längerer Zeit einen Reportage-Podcast (52 Minuten) verlinkt, das war dieser hier, und er ist sicher immer noch hörenswert. Eine kaum bekannte Geschichte, glaube ich. Aber doch eine, die im Geschichtsbuch landen könnte, am Anfang eines längeren Kapitels über unsere Zeit und das Klima.
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Außerdem waren wir erstmalig im Loki-Schmidt-Garten, wo es wegen der Norddeutschen Apfeltage ebenfalls zu voll war. Der Mainstream des Hamburger Veranstaltungskalenders war an diesem Wochenende gut besucht, wir können das bezeugen. Wir waren dabei und darunter, die Mitte sind wir.
Dieser Garten hat mir sehr gefallen, er ist größer, als ich dachte und es war natürlich, aber das hatte ich schon geahnt, ein absolutes Unding, den nicht zu kennen. Da also demnächst auch noch einmal hin. Wenn das Laub endlich bunter wird, in drei, vier Wochen oder so, wenn der goldene November kommt.
Wir basteln uns Wünsche, Ziele und Termine.
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Nachdem ich vor 2-3 Wochen beschlossen habe, wieder blosg zu lesen, sind diese klugen Bloggertexte nun auch endlich dauerhaft dabei – vor Jahren bin ich da vorbeigeflogen. Die Überlegung zur Monatsverschiebung wird mich durch den Tag begleiten …. da ist was dran, wie mir scheint.