Greifvögel und Drachen

Gehört: Zwillingsforschung – Was alles in unseren Genen steckt, aus der Reihe „Das Wissen“. Das war interessanter, als ich zunächst dachte, und es ist für jeden etwas dabei. Etwa für Eltern: „Sie müssen sich schon Mühe geben, etwas falsch zu machen.“ In dieser Deutlichkeit hört man entlastende Sätze doch selten, das ist auch einmal nett. Es geht da viel um Begabungen und Neigungen, und es heißt weiter: „Wenn sie ein Minimum zur Verfügung stellen, dass die Kinder die Möglichkeiten haben, sich zu entfalten, machen die Kinder schon ihr Ding.“

Nebenbei gelernt, dass es im Stammbaum der Bachs 50 Musikerinnen und Musiker gab, was für eine üppige Zahl.

Ich hatte vor den eigenen Kindern eher wenig Kontakt mit kleinen Menschen, und ich weiß noch, dass ich in den ersten Jahren überrascht war, wie charakterlich ausgeprägt sie geliefert werden. Mir war das nicht bekannt. Wie sehr sie bereits Persönlichkeit sind, auch wenn sie gerade erst angekommen sind. Und wie sich das dann durchzieht, selbst gegen Widerstände, mit welcher Vehemenz sich Neigungen und Abneigungen durchsetzen können oder sogar müssen.

Und dann noch einmal rückblickend in mein Selbstbild eingebaut, dass es bei mir also auch so war, warum sollte es anders gewesen sein. Eine Art Perspektivverschiebung.

Für den Freundeskreis Neurodivergenz ist in der Sendung auch kurz etwas dabei. Außerdem für Menschen, die sich für traditionelle Wahlergebnisse in gewissen Gegenden interessieren, für die Lust am Autoritären oder an liberaleren Einstellungen etwa. Auch ein faszinierendes Thema. Aber bloß nicht weiter einsteigen, wer hat Zeit für das alles, nur den einen Kernsatz noch eben mitnehmen:

„Man muss sehr lange suchen, um etwas zu finden, das nicht erblich ist.“

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Ansonsten gab es noch einen Tag auf dem Land, mit Sonnenschein, korrekter Oktoberstimmung und allem. Dieser Gegend steht der beginnende Herbst ausgesprochen gut, aber für welche Gegend würde das nicht gelten.

Frühherbstlich anmutende Bäume an einer Landstraße

Die Maisarmeen stehen noch stramm auf den Feldern und sehen allzeit grimmig abwehrbereit aus. Die Felder mit den Sonnenblumen aber wirken, als würden da Tote immer weiter unheilig paradieren. Die riesigen Stauden haben jetzt etwas Zombiehaftes, mit ihren abgestorbenen, hängenden Köpfen, ein Wiedergänger neben dem anderen, die letzten Divisionen. Kopflos, aber aufrecht.

Über den bereits abgeernteten Feldern rüttelnde Greifvögel beträchtlicher Größe, die spähen nach Mäusen und Hasen. Ich habe es neulich doch geahnt, dass noch Vögel dieser Familie im Text vorkommen werden. Aber erkennen, nein, erkennen kann ich sie nicht, sie sind zu weit oben, zu fern. Wie Drachen stehen sie am Himmel, ich stehe mit dem Kopf im Nacken darunter, und dann fällt mir ein, dass der verstorbene Großvater der Söhne auf genau diesem Feld einmal Drachen mit ihnen hat steigen lassen. Etwa zur gleichen Zeit im Jahr, vor allerdings vielen Jahren.

Am Rand der Landstraße einige Rabenkrähen, die sich um die kleinen Opfer des Verkehrs kümmern. Ernst und sorgsam arbeiten sie das ab, in schwarzer Bestatterkluft.

Ein letzter Apfel an einem kahlen Zweig

An den Obstbäumen entlang der Straße ins Dorf hängen noch letzte Äpfel und Birnen. Unter ihnen fault es, aber auf den saftig vergehenden Stücken am Boden wimmeln nun keine Wespen mehr herum. Wir sind schon weiter.

Nachher zurück nach Hamburg, weiter im Großstadtprogramm.

Auf einem Weg an Feldern entlang steht mit Kreide: "Auf geht's"

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