Am frühen Abend im Park

Vom Alltag etwas erschlagen, wie am Montag schon abzusehen war. Ich habe keine Zeit für Texte, im Grunde habe ich keine Zeit für gar nichts. Alles nur getrieben gemacht, nicht oder kaum gewollt.

Dennoch schreiben.

Dieses Essen immerhin am Nachmittag nachgebaut, das auch bei der Kaltmamsell lobend erwähnt wurde, hier. Die Söhne damit erwartbar in die Flucht geschlagen und ersatzweise mit beliebiger Tiefkühlkost abgespeist, aber der Herzdame und mir hat es doch geschmeckt. Der erste Kürbis der Saison ist immer gut, danach wird er für mich schnell schwierig. Eine Weile doch dranbleiben, die übliche Suppe demnächst noch mitnehmen und was sich eben gehört. Im Dezember kann ich Kürbis dann schon nicht mehr sehen.

Lange haben wir hier keinen Mangold mehr gegessen, was auch daran lag, dass wir ihn in den letzten Jahren im Garten stets im Beet stehenließen, statt ihn zu ernten und zu verarbeiten. Stehengebliebener Mangold sieht bis spät ins Jahr gut im Beet aus, ein dermaßen attraktives, buntes Gemüse. Aber gut, er ist auch schmackhaft, ich sehe es ein. Überhaupt wieder saisonaler essen, kann man sich auch noch einmal vornehmen. Wenn man noch nicht genug To-Dos hat.

Herbstlich verfärbte Pflanzen am Wasser in Planten un Blomen

Immerhin den einen Spaziergang noch absolviert, ohne den ein Tag gerade nicht komplett für mich wäre. Aber auch den eiliger als sonst.

Der Park Planten un Blomen ist nun besonders attraktiv, die Herbstverzierungen in den Anlagen werden jeden Tag besser und aufwendiger, auch die Spätblüher unter den Bäumen geben sich sichtlich alle Mühe. Man müsste mehr Zeit haben dafür, viel mehr Zeit. Es gibt Menschen, sehe ich im Vorbeigehen, die diese Zeit im Ernst haben und da nur sitzen und gucken. Ganz für sich, auf diesen weißen Holzsesseln, die überall einladend bereitstehen.

Zwei leere Holzsessel in Planten un Blomen vor einem Strauch mit dunkelgoldenen Blättern

In dem Blickfeld dieser Menschen passiert nicht viel. Ab und zu fällt ein verfärbtes Blatt, manchmal bewegt sich ein Zweig im Wind, landet eine Krähe am Wasser und besieht sich mit schräggelegtem Kopf ihr Spiegelbild. Gelegentlich latscht ein Blässhuhn täppisch durchs Bild, und allgemein wird es zügig dunkel über der Stadt hinter dem Park. Aber diese Menschen dort machen vermutlich etwas richtig.

Einer macht sich eine Dose Bier auf, sehe ich, und prostet mit lässiger Geste vor dem ersten Schluck dem Park in der Dämmerung zu. Vielleicht auch der Natur an sich oder dem Herbst, der Stimmung zwischen den Büschen oder einer Erinnerung, die ihn mit dem Platz dort verbindet, es ist vieles möglich. Er trägt eine Art Holzfällerhemd, er trägt Stiefel, er hat einen üppigen Bart. Es sieht alles etwas klischeemäßig aus. Aber das gilt für uns alle, da können wir anziehen, was immer wir wollen. Es ist alles längst katalogisiert, auch ich bin in meinem Tweedsakko und dem Oberstudienratlook nur ein weiteres Standardbild.

Wie der Mann da zurückgelehnt vor dem immer wertvoller aussehenden Laub sitzt. Mit dieser Dose Billigbier in der Hand und einer durch und durch entspannt wirkenden Körperhaltung. So sehen Typen aus, die bei Musikstreamingdiensten auf dem Coverbild von Playlists oder Alben zu sehen sind, die Titel haben wie „October Chill“ und dergleichen. Nur das Hochhaus im Hintergrund ist dann nicht das Hamburger CCH, versteht sich, sondern eine Entsprechung in Chicago, in New York oder in einer anderen Großstadt in den USA.

Wie es in einem Youtube-Kommentar unter dem Lied heißt: „Das deutscher Happy-Grunge.“

Es steht keine akustische Gitarre neben diesem Mann im Park. Aber gepasst hätte sie schon. Und ob er da nicht in Gedanken doch einen Song geschrieben hat, was weiß man schon. Oder ein Arrangement für seine Neil-Young-Cover-Band, mit der er am Wochenende in einem Kulturverein in Mölln oder Geesthacht auftreten wird, vor freundlichem Boomer-Publikum, irgendetwas in der Art. Keep on rockin‘ in the free world, man kennt das, man erwartet das.

Na, man rät nur so vor sich hin. Am frühen Abend in der Oktoberdämmerung im Park.

Der Fernsehturm hinter dem trockengelegten Teich, an dem im Sommer die Wasserlichtspiele inszeniert werden

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5 Kommentare

  1. Zum Kürbistopf mit Schafskäse möchte ich kommentieren, dass ich mal total entgeistert im mediterranen Laden angekuckt wurde, als ich sagte, ich würde den Schafskäse auch in Suppen tun. Es freut mich sehr, das hier auch im Rezept zu lesen, es schmeckt wirklich wunderbar!

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