Gehört: „Die glückliche Gesellschaft – kann man von Finnland lernen?“ Enthält Elemente wie etwa Saunagänge, Tango und Heavy Metal, das ist alles eher nicht mein Fall. Aber es wird auch mehr Natur genannt, um das persönliche Glück und das der Gesellschaft zu fördern, da könnte ich eher anschließen und mitmachen. Im Rahmen der Stadtnatur eben, also mit einigen dezenten Einschränkungen. Wald etwa steht mir hier nicht zur Verfügung, jedenfalls nicht mal eben so.
Aber es ist doch interessant, diese Sendung. Am Rande denke ich beim Hören die mich stets faszinierende Frage mit, warum wir, also wir als Gesellschaft, wenn nicht sogar als Menschheit, mit best practice so wenig anfangen können. Nicht im internationalen Vergleich, aber auch kaum vor Ort, etwa zwischen Bundesländern, Gemeinden etc. Selbst in Institutionen, Behörden, Konzernen, Firmen hat der Ansatz nicht die Wichtigkeit, die er aus meiner Sicht haben sollte und die in manchen Lehrbüchern steht. In der Politik schon gar nicht. Es ist meist nur eine theoretische Möglichkeit, und es wirkt oft exzentrisch, dem einmal ernsthaft und mit Ergebnissen nachgehen zu wollen. Seltsam, seltsam.
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Außerdem gehört, und gleich mehrfach, einen alten Song von der geschätzten Janis Ian. Tea and Sympathy, aus dem Jahr 1976, da war ich zehn Jahre alt. Ich finde traurige Musik oft entspannend und angenehm, nicht herunterziehend, eher im Gegenteil. Der Song enthält eine Zeile, die man, so nehme ich an, mit jedem Lebensjahr verständnisinniger und auch mit jeweils leicht variierter Haltung mitsingen kann. Sie hat mich daher gerade etwas länger beschäftigt:
„Let’s drink a toast to those who most believe in what they’ve won.”
Man kann den Satz, es bietet sich gerade mit Nachdruck an, auch beim Verfolgen der aktuellen Entwicklungen in der Politik leise mitträllern. Es passt schon.
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Den Mittwoch habe ich außerordentlich schlecht gelaunt verbracht, es wird kaum überraschen. Die Gründe dafür konnten Sie teils den Nachrichten entnehmen und werden es mit einiger Sicherheit auch getan haben. Am Nachmittag habe ich dennoch (ich vertraue in meiner Grundhaltung insgesamt eher auf den Trotz als auf die Hoffnung, merke ich, ich halte ihn für wesentlich verfügbarer und ebenso anwendbar, um sich seelisch zu stabilisieren) ein kleines Konzert in St. Petri besucht.
Etwas stolz bin ich dabei auf mich gewesen, diesen Plan tatsächlich und mit Erfolg in den doch übervollen Alltag eingebaut zu haben. Wie so ein Mensch, der Freizeitbeschäftigungen, Erholung und Kulturkonsum auseichend würdigt und dafür Raum macht.
Allerdings habe ich nicht vorher nachgesehen, was dort gespielt wurde, und das waren dann Werke eines Posaunenchores. Eines guten Posaunenchores, so ist es nicht, das habe ich durchaus hören und erkennen können, aber es ist musikalisch nicht unbedingt mein Fall.
Und als sie abschließend eine Bläser-Version von Heal the world spielten, von einem Song also, den ich nicht ausstehen kann, weil ihn eine verrückte Nachbarin hier im Zustand der fortgeschrittenen Trunkenheit etwa einmal im Quartal stundenlang in Endlosschleife und brüllend laut abspielt, bis wir alle entnervt ans Gegenteil von heal denken … es gibt Tage, da tuste bei, wie ein anderer vor längerer Zeit oft geschrieben hat.
Aber das werden an diesem Tag etliche von uns in ähnlicher Weise gedacht haben, ich sah es in den Timelines. Es war alles etwas viel für uns, nicht wahr.
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Später habe ich mich zu ungewohnter Zeit eine Stunde aufs Sofa gelegt. Um mich von allem etwas zu erholen, durch konzentriertes Hören von Händel. Der hilft immerhin manchmal, siehe auch Bach. Eine Stunde war es etwa, die ich damit verbracht habe, mich bemüht auf Schönes zu konzentrieren, mit allerdings bescheidenem Erfolg. Danach habe ich wieder in die Nachrichten gesehen und nicht recht gewusst, wie absurd ich es finden sollte, dass meine Sofazeit ausgerechnet diese Stunde war, in der es auch noch die deutsche Regierung mit ordentlichem Geschepper zerlegt hat.
Die Wirklichkeit zeigte sich also wieder mit lächerlich überzogen wirkender Dramatik und allzu plattem Script. Ich selbst darin als abgewirtschafteter Hauptdarsteller mit lächerlicher Mimik wie im Stummfilm, händeringend vor einem Bildschirm – und solche Vorgaben muss man dann ausleben. Weil sie so bedrückend alternativlos daherkommt, diese immer holzschnittartiger werdende Wirklichkeit.
Manfred Krug hat, man kann das in seinen empfehlenswerten Tagebüchern nachlesen, beim Dreh stets noch in letzter Minute die Scripte solange korrigiert, bis ihm alles wirklich passte und seinen Vorstellungen von Niveau entsprach.
Da auch mal drüber nachdenken.
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Frau Novemberregen schreibt: „Nach Berlin fahre ich übrigens zum Vergnügen, nicht zur Machtübernahme, das muss man derzeit ja dazu sagen.“
Man liest es mit leichtem Bedauern, nicht wahr, denn wie schon bei Vanessa neulich – man traut gewissen Bloggerinnen etwas zu. Denn man liest sie ja lange genug und kann es also kompetent beurteilen. Frau Herzbruch übernimmt bei denen dann die politische Kommunikation, da geht doch was.
Ich dagegen, ich bin raus. Ich möchte lieber nicht.
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An diese Woche wird man noch lange denken – bei uns kam noch am Mittwoch on top, das die nächste Elbbrücke mit gleicher Bauweise, wie die in meiner Stadt zusammengestürzte, Rostwasseraustritt verzeichnet und umgehend gesperrt wurde. Die nächste Alternative ist ein irrer Umweg und der Zugang zur Sächsischen Schweiz damit nun ein Nadelöhr. Eine Autoelbfähre soll nun her ….
Vielen Dank für den Song und die Zeilen: „Let’s drink a toast to those who most believe in what they’ve won.”
Beim Abspeichern auf Spotify hab ich den poetisch-traurigen Text nachgelesen und festgestellt, dass die Zeile vom Automatismus in „Let’s drink a toast to those who most believe in what they WANT” transkribiert wird. Und das schien mir eine Art Kopfnicken der KI zu Trotz statt Hoffnung. Einen Toast darauf. Also auf das Wollen.
Faszinierend, der Unterschied fiel mir auch auf.
Mehr Informationen zur von amberlight erwähnte Brücke in Bad Schandau:
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dippoldiswalde-sebnitz/sperrung-elbbruecke-bad-schandau-umleitung-faehre-100.html
»Ich möchte lieber nicht.«
Das wäre mal ein passender T-Shirt-Spruch. Danke für diesen Satz, der genau passt. Jetzt und auch sonst sehr oft.