Vorweg vielen Dank für ein Buch, nämlich das „Jahr voller Wunder“ von Clemency Burton-Hill, Deutsch von Barbara Neeb, Ulrike Schimming (ach guck, die kenne ich, wie nett, ich habe neulich gerade ihre Hamburger Stadtteilreihe auf Instagram empfohlen) und Katharina Schmidt.
Ein klassisches Musikstück für jeden Tag wird in dem Buch empfohlen, mit Text und Erläuterungen dazu. Für gestern stand dort Perotins Beata Viscera auf dem Programm, ein Stück aus dem Jahr 1220, aus sagenhafter Zeit. Das passt hervorragend hinter die neulich von mir in der Kirche gehörten gregorianischen Gesänge.
In den Kommentaren bei Youtube hat jemand ein Bild der Original-Noten verlinkt, gucken Sie mal hier. Man kann kurz beeindruckt sein, nicht wahr. Aber ich mochte auch diesen Kommentar: „Pretty good for an eight-hundred-year-old recording.“
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Der Eskapismus, den ich vorgestern in der Überschrift hatte, kommt von dem französischen Wort échapper“, habe ich dann später noch nachgelesen. Was wörtlich „die Ordensmütze wegwerfen“ heißt, und wie schön ist das denn. Aber das nur am Rande.
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Ich hatte gerade den Moustaki gleich zweimal hier im Blog, und beim weiteren Herumstöbern und Suchen kam ich auf die katalanische Sängerin Marina Rossell. In Spanien ist sie eine Berühmtheit, mir war sie nicht bekannt. Von ihr gibt es Album „Rossell canta Moustaki“, und ich nehme an, es sind wiederum zwei, drei Lesende dabei, denen das auch gefallen wird. Wie mir.
Ich bin aber auch ein schlichtes Gemüt, ich kann mich schon ein Album lang über die bekannten Melodien und die vielen gerollten Rs freuen. Frrreuen, sozusagen.
Und vielleicht wissen nicht alle, dass es diesen Meteque, eines der berühmtesten Lieder von Moustaki, ebenfalls in einer deutschen Version gibt, von ihm selbst gesungen. Ich teile es daher sicherheitshalber noch einmal.
„Ich bin ein Fremder, den man hasst,
Und dessen Schnauze dem nicht passt,
Der darin sieht, was er nicht fand.“
Wenn man zu Textanalysen und Versionsvergleichen neigt, fällt sicher kurz auf, dass das Wort juif aus dem Original hier nicht vorkommt:
„Avec ma gueule de métèque, de juif errant, de pâtre grec et mes cheveux aux quatre vents…“
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Ansonsten wiederum viel gearbeitet. Ungewöhnlich viel, unsinnig viel, aber teils immerhin aus bloßer Neigung und Interesse am Thema, insofern ist es kein Grund zur Beschwerde.
Aber es ist doch ein seltsames Jahresende, in jeder Beziehung. Nicht nur beim Thema Brotberuf und bei der Weltlage, es zieht sich so durch. Eskalationen, wohin ich sehe, es muss wohl gerade so sein. Ich merke mir jedenfalls bezogen auf die Arbeit eine Vokabel der Kaltmamsell zum in späteren Zeiten sicher wieder notwendigen Herunterfahren vor: „mittelemsig.“ Das dann rechtzeitig wieder werden.
Das Wort verleitet mich allerdings auch dazu, andere Menschen, die mir womöglich nicht flott genug agieren, künftig als Mittelemsen zu bezeichnen. Schlimm.
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Zwischendurch meine Mutter angerufen und gefragt, was ich für sie einkaufen kann. Sie hat bei kaltnassem Novemberwetter mittlerweile doch einige Schwierigkeiten mit der Beweglichkeit. Sie sagte, sie brauche Eier, Schinken und Kartoffeln. Dann amüsierten wir uns etwas, weil es wie ein besonders deutscher Einkaufszettel klingt, den man sich auch im historischen Wochenschautonfall vortragen kann, in dem es um Lebensmittelkarten geht. Als ich jung war, liebe Kinder, da gab es – ganz im Ernst! – noch eine Wochenschau im Kino. Auch das habe ich gerade nachgesehen und täusche mich nicht, bis 1977 gab es die.
Und das kann sich auch schon kein Mensch mehr vorstellen. Immer wieder die irritierende Frage: Wie alt müssen wir sein. War der oben erwähnte Perotin noch in den Charts, als ich Teenager war?
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Hier noch ein zusammenhangsloses Hafenbild, die Elbe am Fischmarkt bei Sonnenaufgang.
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Sie können hier Geld in die virtuelle Version des Hutes werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.
Ja, ich bin eine von den zwei, drei Lesenden. Schön, dass Sie Moustaki ein bisschen zurück holen, nicht nur für schlichte Gemüter.
Beate
Wochenschautonfall ist auch so ein tolles Wort wie Altbaucharme.
Schaut: Auto, Onfall (also schon fast ein Auto-Unfall)…
Die deutsche Übersetzung klingt viel tiefsinniger als die recht deftige Selbstbeschreibung, was man für ein wilder Kerl ist mit Haaren, die in alle 4 Windrichtungen abstehen, die typisch griechischen Züge und noch so ein paar andere Ethien. Und dazu wenig Verwunderung, warum man als „so einer“ eher abgelehnt wird.
Nun frage ich mich, ob die deutsche Variante wirklich tiefsinnig ist oder einfach nur ein „ne, das können wir so nicht bringen, denk dir irgendwas anderes aus, das nach was klingt.“
Bei uns Ossis hieß die Wochenschau im Kino „Augenzeuge“. https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Augenzeuge_(Wochenschau)