In Argentinien, Hamburg und Dunkerley

Bei den “Blättern” gibt es einen freigeschalteten Artikel über die Lage in Argentinien, die neuerdings auch manchen aus der deutschen Politik gerade erstrebenswert zu sein scheint. Und nicht nur denen aus der Politik, auch andere weisen jetzt gerne darauf hin, dass ja auch Gutes passiere, in dem Land da. Dann murmeln sie von Disruption, und dass das Programm doch etwas hätte, so in Teilen. Und so eine Kettensäge ist auch nicht immer schlecht, weißte. Müsste man auch mal, ganze Bürokratie weg, und dann sollste mal sehen.

Was ihnen dann im Gesprächsverlauf auch bald zu Musk einfällt, versteht sich, der hat auch super Ideen. Sonst wäre er ja nicht erfolgreich. Das wird dann fast zwingend noch so weitergedacht, wobei manchmal vorauseilend und beschwichtigend etwas eingeschränkt wird, denn vollumfänglich okay, das ist klar, ist der nun irgendwie auch nicht, genau wie der Trump, schon klar, da gibt es gewisse Nachteile, das weiß man, aber! Und dann reden sie noch weiter, nach dem aber, immer reden sie dann noch weiter, aber zuhören muss man nicht mehr.

Es hat dann im weiteren Verlauf für mich stets den Geschmack und auch das Niveau der altbekannten Autobahnerwähnungen, wenn es um Hitler geht. Es war nicht alles schlecht.

Meine Güte.

Weiteres über Argentinien auch bei der taz oder hier bei der Republik, und auch das hebt alles die Stimmung nicht, ich weiß.

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Am Sonnabend erreiche ich dann schließlich diesen einen Tag, den es wohl in jedem Winter geben muss. Diesen Tag, an dem mir morgens doch irgendwann Zweifel kommen, irritierende Zweifel, wegen der pechschwarzen, lastenden Dunkelheit vor den Fenstern. Ich bin schon stundenlang wach, fleißig und bemüht, ich habe bereits eine Kolumne geschrieben, einen Blogartikel auch. Die ganze Weltlage habe ich bereits halbwegs gründlich nachgelesen und fast ausreichend den Kopf geschüttelt, soweit das in diesen Zeiten eben noch möglich ist. Ich habe das Essen für das Wochenende durchgeplant und mir einen langen Einkaufszettel gemacht. Ich habe die Spülmaschine aus- und eingeräumt, ich habe geduscht und alles, und es ist immer noch dunkel, wie dunkel es ist.

Kann es denn mit rechten Dingen zugehen, mit dieser Dunkelheit vor den Fenstern, geht nicht vielleicht doch meine Uhr falsch, oder gleich mehrere Uhren, was ist eigentlich los, und wann ist eigentlich Sonnenaufgang in dieser Jahreszeit, das dann doch einmal nachlesen.

08:23, guck an, doch so spät. Und um 16:00 fällt unerbittlich schon wieder der Vorhang, dazwischen passt tatsächlich nicht viel. Es ist wirklich wenig Licht übrig, und es beeindruckt in jedem Winter erneut, so gehört es auch.

Vor den Küchenfenstern ist es währenddessen immer weiter dermaßen schwarz … nicht einmal ein dezentes Hellgrau zeichnet sich ab, nirgends. Nur in einem Kirchturmfenster leuchtet ein blasser Stern zur Weihnachtszeit, sonst sind keine Lichter an, nirgends. Es wirkt fast etwas dörflich, so tot ist da alles ringsum in der Stadtmitte, so abgestorben nächtlich.

Na, es ist schon okay.

Wir sind immerhin kurz vor der Wintersonnenwende, der Eindruck passt. Er wird nur gerade durch das Wetter so überaus deutlich verstärkt. Durch den ewigen Dauerregen in der letzten Woche, durch die tiefen Wolken da draußen und auch durch die hin und wieder durchziehende Niederschlagsneigung im Gemüt. Überall regnet es, immer regnet es, und wenn es nicht regnet, dann schauert es schon wieder, dann dämmert es gerade, nebelt es noch einmal, bezieht es sich gerade wieder, dunkelt es usw.

Die Hamburger Hafenpromenade im dichten Nebel, an der Kaimauer ein Schild "Grosse Hafenrundfahrt"

Der Schokoladennikolaus überlebt am Freitagmorgen keine zwei Stunden auf meinem Schreibtisch. Dann liegen da nur noch krümelige Trümmer und zerfetzte rote Verpackungsreste neben dem schon wieder leeren Kaffeebecher. Das nennt man wohl dringenden Bedarf, und der Werktag ist zu dieser Stunde noch lang, unüberschaubar, wenn nicht endlos.

Beim Discounter wird die Weihnachtsware schon nicht mehr nachgelegt, sehe ich am späten Nachmittag, als ich im Dunkeln einkaufen gehe. Die Vorräte dort gehen nun schnell zu Neige. Im feineren Supermarkt wurden die Restsaisonartikel sogar schon abgeräumt, ich staune. Im Vorbeigehen kurz der Blick auf einige leere Regale, gestern gab es das noch Adventskalender, Schokoweihnachtsmänner und Lebkuchen.

Da kommt dann wohl bald Silvester rein, nehme ich an. Vermutlich wird die Ware hinten im Lager bereits ausgepackt. Mein Zeitgefühl kommt da wieder nicht mit, ich hänge noch im November fest. Ich bin nicht einmal am 2. Advent angekommen, noch lange nicht, ob der nun heute ist oder nicht.

Aber egal. Irgendwo kommt immer wieder Licht her, man kennt das. Zur Not legt man sich die Musik von damals auf, und schon geht es wieder etwas weiter, schon ist es fast schön und gemütlich, so wie es ist. Auch in der Dunkelheit.

[An dieser Stelle fragte mich Word gerade, ob ich nicht vielleicht „Auch in Dunkerley“ gemeint hätte? Nein? Und es schlägt mir dann sogar noch weitere Begriffe vor, die nach englischsprachigen Dorfromanen klingen. Was ist das wieder, was hat dieses Programm immer für seltsame Ideen. Am Ende ist es ein Hinweis von oben, soll ich lieber schottische Fantasy-Geschichten schreiben oder was.

Es war eine dunkle und stürmische Nacht in Dunkerley … ach was, ich habe keine Zeit für so etwas. Nicht jetzt, Word, nicht jetzt].


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5 Kommentare

  1. Pingback: Dunkerly – Ring2
  2. Habe gestern beim Shopblogger diesen Link gefunden
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/lebensmittel-ranking-in-deutschland-suessigkeiten-sind-die-neue-wurst-a-9ca5247c-5e4f-48ba-b0f0-938f97d3d337
    Wir mussten letztens auch mehrere Läden abklappern um unsere heißgeliebten Dominosteine zu bekommen. Und heute werden wir in den teuren Schokoladen Laden fahren um Weihnachtsmänner in Zartbitter zu holen. Ansonsten haben wir unseren Süßigkeitenkonsum rapide runtergefahren, die Preise sind mir zu hoch und mein Wochenbudget von 100 € für 3 mit Hund sind gerade noch ausreichend.

  3. Sie haben hier grad für gute Laune gesorgt am dunklen Abend, kaum hörte mein Mann den Regen aus dem Handy prasseln, schmetterte er schon vom Frankenstein Place mit. Schön!

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