In den Nachrichten las ich Meldungen vom schwachen, eher enttäuschenden Weihnachtsgeschäft, die Handelsverbände beschwerten sich. In der Stadt sehe ich die Bestätigung dazu nicht. Das ausbleibende Geschäft drückt sich nicht in geringeren Besuchszahlen in den Haupteinkaufsstraßen aus. Die Leute kommen immer weiter in die Stadtmitte, in Scharen und in Massen kommen sie. Zwischen dem Bahnhof und dem Rathaus ist es dermaßen voll, dort steckt wie in jedem Jahr während der Öffnungszeiten der Märkte und Geschäfte ein kompakter Menschenauflauf fest und rührt sich kaum noch vorwärts, man kommt nicht mehr durch.
Vielleicht aber erwerben sie dort alle nur ein, zwei Becher Glühwein, nur eine Bratwurst und ein kleines Tütchen gebrannte Mandeln. Vielleicht sehen sie sich die Ware in den Läden nur an und vergleichen die Preise. Das mag sein, das ist sogar wahrscheinlich.
Und, wenn man einmal darauf achtet, eine Beobachtung aus den Vorjahren bestätigt sich erneut. Es tragen wenig Menschen Tüten, Taschen etc. in den Händen. Vergliche man die heutige Vorweihnachtsmenschenmenge mit einer von vor zehn, zwanzig Jahren, ich bin sicher, man würde so viel mehr Gekauftes in den Händen der Passanten auf den Bildern von damals sehen. Das ganze Zeug eben, das heute per Paket herumgefahren und ausgeliefert wird, während die Konsumenten nahezu unbelastet auf den Weihnachtsmärkten stehen.
Filmszenen fallen einem vielleicht ein. New York in der Weihnachtszeit, die schwer bepackten Menschen vor den Geschäften. Drei große Pakete auf den Armen, schon in Geschenkpapier, an den Händen noch die baumelnden Taschen. Es fällt ihnen etwas herunter, sie können sich nicht danach bücken, sie müssten dafür erst alles ablegen. Jemand sammelt im Vorbeigehen das Teil für sie auf, flüchtige Blicke, dann ein Lächeln, zwei Sätze – man lernt sich kennen und schon zwei Szenen später wird daraus eine romantische Komödie nach bewährtem Muster. Man kennt das.
Bilder, die man parat hat. Die man in seiner Vorstellung auch weiterhin beliebig oft abspulen kann, so oft hat man sie gesehen. Aber da draußen sind sie kaum noch wiederholbar, wir sind längst weiter.
Man merkt es auch an den Dingen, die wir nicht mehr bemerken, wie an diesen fehlenden Taschen, Tüten und Paketen. Für die Einstiegsszene der romantischen Komödie müsste man heute, um halbwegs im Bild zu bleiben, einen betont attraktiven Menschen Pakete aus dem Weihnachts-Online-Shopping ausliefern lassen. Dann wird bei einem anderen, zufällig ebenfalls ungeheuer attraktiven Menschen geklingelt, der duschbedingt gerade eher wenig anhat, es ist auch in diesen Filmen alles drastischer und schneller geworden. Zwei, drei Sätze an der Tür und boom, noch 85 Minuten bis zum Happy End.
Na, Hauptsache es gibt eines.
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An manchen Tagen möchte ich Ihnen nach bewährtem Social-Media-Muster einfach ein „Like“ dalassen. Heute ist so ein Tag. Ich lese hier einfach gern mit. Ich mag es, wenn Sprache so schön angewendet wird, wie Sie es hier tun. Wenn jemand Geschichten erzählt. Das findet man in den Weiten des Netzes nicht gerade oft. Also: danke!
Legally blonde (2001): der UPS-Paketbote.
Originaldialog an der Tür meiner letzten Single-Wohnung:
Paketbote: Kennen Sie den Herrn XYZ?
Ich: Nicht sehr…
Paketbote: Möchten Sie ihn kennenlernen?
Daraus hat sich zwar nichts entwickelt, aber so in der Art könnte es heutzutage laufen, ja.^^
@Sternchen: eine feine Art von Humor, gefällt mir sehr.
Ja, finde ich auch, daraus kann man etwas machen.
Nicht in den Händen, aber auf den Rücken… Ich vermisse die Würdigung der ach so praktischen Rucksäcke. Oder bin ich die Einzige, die öfter mal einen ins Gesicht kriegt in der aktuellen Enge der Städte? Mimimi.
Und natürlich auch, was Beate sagt.