Kein heller Schein

Meine Versuche, an der Lage vorbeizudenken, sie gelingen durch die Bank nicht mehr. Es findet hier zwar selbstverständlich ein Alltag statt, wie er in nahezu jeder Lage stattfinden würde, in der man noch Arbeit, Haushalt, Familie etc. hat. Aber die Gedanken, sie kreisen nahezu unaufhörlich um das große, um das ganz große Problem der Zeit, um die Lage.

Ab und zu denke ich dann doch kurz an etwas anderes. An diese Themen, Sie erinnern sich vielleicht auch, mit denen man sich in gewöhnlicheren Zeiten so viel befasst hat. Und dann fällt es mir ein: „Gott verdammt, da gibt es ja noch weitere Probleme.“ Und das ist dann auch kein entspannender Aspekt, das hilft mir nicht weiter.

Unterm Strich, ich kann einfach zu keinem anderen Schluss kommen, bin ich mit der Wirklichkeit in einem Ausmaß nicht mehr einverstanden, welches ich mir früher so gar nicht habe vorstellen können. Die Entwicklung hin zu diesem Zustand begann 2015, eine nun zehnjährige, znnunehmende Entfremdung von der Gegenwart. Da sind wir zwischendurch aber längst über sieben Brücken gegangen, liebe Gemeinde. Da haben wir längst sieben dunkle Jahre überstanden, und nichts ist passiert, kein heller Schein weit und breit. Auf Song-Texte ist auch kein Verlass mehr.

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Ich sehe Musik-Dokus, das geht immerhin. Bei denen könnte man zwar auch jederzeit über die geschichtlichen Aspekte und die Verbindungslinien zur Gegenwart nachdenken, aber man kann es mit etwas Glück auch lassen. Für eine Stunde oder etwas mehr. Bei arte gerade im Angebot etwa The Mamas and the Papas und Frank Sinatra.

Ein weiterer Eskapismus-Link führt heute zu einer ausgezeichneten Radio-Doku über Connie Converse. Eine faszinierende Stunde von Monika Kursawe über die Frau, die den Folk erfand und verschwand. Connie Converse ist wichtig, wenn man sich auch nur ansatzweise für Folk oder für die verwandte Singer-Songwriter-Schiblade interessiert.

Man kann die Sendung aus feministischer Perspektive hören, man kann es auch geschichtlich und politisch interessant finden. Und man kann sich wundern, wieso sie Lieder schreiben konnte, die tatsächlich so klingen, als hätte man sie immer schon gekannt. Was jemand auch so in den Interviews sagt, und es stimmt.

Wenn man Romane, Geschichten, Drehbücher oder dergleichen schreibt, möchte man vielleicht auch etwas länger darüber nachdenken, dass sie New York damals erfolglos und ausgerechnet in dem Monat und in die Richtung verlassen hat, in dem und aus der Bob Dylan damals gerade ankam und zu seiner großen Karriere ansetzte. Nur ein kleiner Dreh und die beiden fuhren da aneinander vorbei … Was für eine Story.

32 Songs gibt es von Connie Converse, mehr nicht. Wenn Sie so etwas interessiert, zwei weitere Namen, die hervorragend dazu passen, sind Tia Blake und Molly Drake, die sich nur zufällig reimen. Beide mit winzigem Gesamtwerk, unbedingt hörenswert.

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Ich denke, ich setze die problematischen Links jetzt immer ans Ende, dann kann man sie besser ignorieren, wenn einem gerade nicht danach ist. Was mir vollkommen verständlich vorkommt.

Garrett Graff setzt seine Beobachtungen des fiktiven Auslandskorrespondenten, der die USA so analysiert, wie man sonst von dort auf ein Entwicklungsland blickte, fort, und es ist eine der besten und handlichsten Zusammenfassungen der Lage im Land: „White Nationalist Forces Consolidate Power Alongside Musk’s Junta.

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2 Kommentare

  1. An welchem Punkt geht unzufriedene Betrachtung der Gegenwart über in Depressionen oder in andere diagnostizierbar belastende Geisteszustände?

    Ihre Texte klingen immer öfter nach Doom-Blogging. Kein Vorwurf, nichts ansatzweise, sondern eine Rückmeldung.

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