Quasi Erholung

Am Montagmorgen dachte ich noch kurz, als ich mein Büronotebook aufklappte, was ich eventuell noch nie zuvor gedacht habe, nämlich dass es aus einem neuen Grund nett sein könnte, sich sechs, sieben Stunden oder mehr intensiv mit Excel, Zahlen, Prozessen und dergleichen zu beschäftigen. Denn wenn man sich wirklich darauf konzentriert, wenn man geistig nur konsequent genug in der Arbeitswelt verbleibt, bekommt man immerhin eine Weile lang keine aktuellen Nachrichten mit. Sieht man also auch nicht die feixenden Gesichter der Horrorclowns und bekommt keine spontane Übelkeit vom bloßen Überfliegen der Schlagzeilen.

Vorteil Job, quasi Erholung.

Und prompt, wie bestellt, wie wiederum sorgsam für mich eingerichtet von Göttinnen mit beißendem Witz, trat das Thema USA der Gegenwart dann auch in meinen beruflichen Mails auf. Nur etwa eine Minute nach diesen Gedanken. Eine Premiere war es, wenn auch eine erwartbare. Man muss sich eben auch im Business auf irgendeine Art mit der Weltveränderung arrangieren, man hat Kontakte überall, Kunden etc. Es kann nicht anders sein, in global agierenden Firmen.

And so it begins, dachte ich dann mit einem Anflug von Bitternis beim Lesen. Das Elend ist jetzt überall.

Und, wie man auf dem folgenden Bild sieht, sogar im U-Bahntunnel im Hauptbahnhof werde ich noch daran erinnert, denn ich könnte es ja zwischendurch für zehn Minuten verdrängt haben. So nicht, mein Freund! Es fiel mir dann beim Abendspaziergang auf, der doch ausdrücklich entspannend sein soll.

Ein Aufkleber an der Wand eines U-Bahn-Tunnels: FCK MSK

Lediglich im Smalltalk, aber das ist vielleicht eine spezielle Stichprobenverzerrung in meinem Umfeld, wird das alles ausdrücklich und sorgsam umkurvt. Schönes Wetter heute, aber die Tulpen sind so teuer, das ist klar und überall die bessere Themenwahl.

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Gehört: Ein Kalenderblatt zum Ende des Titels Fräulein in Westdeutschland. 1955 war das. In meiner Kindheit und Jugend kam der Begriff allerdings weiterhin häufig und selbstverständlich vor. Auch meine Grundschullehrerin etwa war noch ein Fräulein, ein älteres Fräulein, was eine vollkommen übliche Beschreibung war. Aber da klingt man auf einmal wie ein Roman aus dem 19. Jahrhundert.

Außerdem gehört: Ein Kalenderblatt über Arthur Miller.

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Ich höre ansonsten auf den Wegen weiter den Ewigen Spießer von Horváth, den Robert Meyer hervorragend liest. Dass Buch ist leider auch wieder unangenehm aktuell geworden, denn der aufkommende Faschismus spielt eine große Rolle darin und wird in den Dialogen der Österreicher etc. so dargestellt, dass man, haha, mühelos Anschluss findet.

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2 Kommentare

  1. Ich finde gerade dieses nicht-tiefgründig-reden im Arbeitsumfeld eher bedenklich, beobachte es aber auch seit geraumer Zeit. Angefangen hat das nach meiner Erinnerung mit der Frage, wer die Impfhoffnung zu C-Zeiten völlig ablehnte und einer Diskussion, die auf beiden Seiten nicht mehr funktionierte ….

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