Einige widerständige Links

Bei Frau Novemberregen geht es um die Lage und ihre Auswirkungen auf die Arbeit, um den heiklen Umgang mit all den dünnhäutigen Menschen: „Sie war stets bemüht.“

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100 sinnvoll verbrachte Minuten kann man am Wochenende mit dem Podcast Freiheit Deluxe von Jagoda Marinic verbringen. Sie hat diesmal Claus Leggewie als Gast, den Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik. Übrigens ein Abo, das ich nicht bereue, im Gegenteil. Ausgesprochen gut angelegtes Geld ist das.

Und während mir viele Aussagen in den Timelines und Artikeln zu Optimismus, Hoffnung etc. gerade zu flach und allzu schnell gedacht sind, komme ich mit Leggewies Ausführungen und Ableitungen von Camus aus gut zurecht und finde das Gespräch durchgehend interessant. Ich kann das sehr empfehlen, es ist anregend. Ich kann auch nachvollziehen, dass das Gespräch beim Thema Widerstand endet. Das ist der geistige Weg, so muss man das nun sehen, denke ich.

Ich folge auf diversen Kanälen etlichen Kommentatorinnen aus den USA. Auch auf Instagram, von dem ich mich nur aus diesem Grund noch nicht ganz trennen mag. Oft folge ich da denen, die eher aus der humoristischen Ecke kommen, sie brechen Inhalte meist besonders gekonnt herunter. Ein gewisser Sinn für Pointen bewährt sich auch in schweren Zeiten und hilft ungemein, bei komplexen Themen und Dramen auf den Punkt zu kommen. Ich erinnere mich an einen Clip, in dem eine dieser Frauen direkt nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten entgeistert sagte: „Wir sind jetzt im Widerstand.“ Woraufhin ihr für einen Moment etwas die Gesichtszüge entglitten.

Weil es eben eine große und schwere Erkenntnis ist, sich dem tatsächlich zu stellen. Es ist ein Bruch in der Biografie, ich fand das verständlich. Man sollte wohl aus prinzipiellen Gründen früh genug anfangen, darüber nachzudenken. Und sei es nur, um sich ausreichend zu solidarisieren.

Claus Leggewie ist jedenfalls ungemein kenntnisreich, da höre ich lernend zu. Wobei mir etwas auffällt, während ich dies schreibe. In meiner Altersgruppe und in meiner politischen Richtung hat das ausdrücklich Tradition, sich für die zu interessieren, die mehr oder anderes wissen als wir. Ich suche ständig nach so etwas. Ich möchte von Menschen hören und lesen, die in irgendeiner Form mehr zu bieten haben, als ich ohnehin schon parat habe. In einem gewissen Sinne sehe ich also gerne nach oben, auf den Stoff der nächsten Klasse, und bin kulturell strebsam und bemüht.

Das notiere ich hier aber nicht als Eigenlob, es heißt ja auch nicht, dass ich erfolgreich lerne. Ich notiere es aus soziologischem Interesse. Denn die Anhängerinnen der zahlreichen Populismus-Bewegungen, die man meiner Meinung nach mittlerweile nicht mehr bemüht differenzieren muss, weil es alles auf einen globalen, eher simplen Bullyismus hinausläuft, sehen das kategorisch anders.

Sie haben prinzipiell nichts über sich und nehmen Kultur nur auf kumpelhafter Höhe oder aber unter sich wahr, siehe etwa die aktuelle Lage am Kennedy Center. Es scheint mir, wenn ich so darüber nachdenke, tatsächlich ein elementarer Unterschied in der Haltung zu sein, den man leider auch in Gesprächen im Alltag beobachten kann.

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In einem Artikel, nein, eher in einem Kommentar, den ich dummerweise nicht mehr finde, pardon, wurde das Ergebnis des Telefonats, das der US-Präsidenten mit dem Herrscher in Moskau geführt hat, verglichen mit dem Hitler-Stalin-Pakt und den Ereignissen 1755/1756. Da hat meine Allgemeinbildung allerdings erneut versagt. Ich musste erst nachschlagen, was damit nun wieder gemeint war. Und ich mache Sie jetzt nach erfolgter Online-Belehrung ggf. auch schlauer: Die große Umkehrung der Allianzen war es, Renversement des alliances lautet der Fachbegriff für alle, die in dieser Geschichtsstunde ebenfalls gerade gefehlt haben.

Danach kam dann der Krieg, der Siebenjährige. Okay, hat man das auch (evtl. wieder) parat.

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Schließlich noch – Is it a coup? It is bad, it is illegal and it’s a self-coup. Über die rechtliche Lage in den USA, die politologischen Definitionen und die Möglichkeiten, die sich abzeichnen. Auch dieser Text endet im Widerstand, ich zitiere den folgenden Satz aus Motivationsgründen: „Express your opposition, however you can.“

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Ansonsten gilt aber ohnehin, was Tom Waits singt: „You can never hold back spring“. Ich schreibe es, ohne aus dem Fenster zu sehen, denn dann müsste ich Schneereste wahrnehmen. Das ist abzulehnen.

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5 Kommentare

  1. Mein Wochenende hat sich tatsächlich mehr nach Winter angefühlt, als die ganzen letzten Wochen … aber ich sehe auch schon die ersten Frühblüher. Das wird ….

  2. Dieses Gefühl, dass es nicht mehr selbstverständlich vielen so geht, dass sie sich bei anderen, vermeintlich schon „weiteren“ Mitmenschen etwas abgucken, kann ich aus Lehrerinnensicht nur bestätigen. Meine Erklärung: der Verlust des Vertikalen in jeder Hinsicht. Kein Streben nach Höherem mehr, nach Vervollkommnung. Es geht eher um Entfaltung, bei sich ankommen, sich ablegen.

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