Man gibt weiter, was man hat und kann

Ein Sohn hatte sowohl ein Problem als auch etwa eine Minute Zeit für die Kommunikation mit einem Elternteil. In diesem Fall mit mir. Das kommt in ihrer Lebensphase kurz vor dem endgültigen Flügge-Status nicht mehr so oft vor, da muss man sich sofort Zeit nehmen. Wir redeten also einen Moment zwischen Tür und Angel, aber wir redeten erstens immerhin und zweitens sogar über ein Problem. Und ich fragte ihn, denn man muss so etwas auch auf der grundsätzlichen Ebene angehen, was wir denn da machen, wenn wir ein Problem haben? Hm? Na, mein Sohn, was machen wir denn da?

Mit pädagogisch wertvollem Gesichtsausdruck fragte ich das, es versteht sich wohl von selbst. Jedenfalls versuchte ich mich angestrengt zu erinnern, wie meine Mimik dabei noch einmal fachgerecht einzusetzen war. Obwohl beide Söhne doch mittlerweile eindeutig zu alt für solche Bemühungen geworden sind und es auch eine Weile her sein wird, dass ich dabei auch nur halbwegs überzeugend gewirkt habe. Und obwohl sich eine solche belehrende Kommunikationssituation auch etwas merkwürdig anfühlt, wenn man dabei nach oben sehen muss. „How can I try to explain, cause when I do he turns away again…“ Manche Lyrics merkt man sich nur, um sie Jahrzehnte später im genau richtigen Moment parat zu haben und nach außen hin tonlos zumindest im Hirn mitlaufen zu lassen

Der Sohn musste dann nicht lange nachdenken, seine Antwort war vielmehr sofort da. Etwa wie bei einer mündlichen Prüfung, für die man richtig gut gelernt hat. Es war also tief und sicher verankertes Wissen, das da wie nebenbei abgerufen werden konnte. Es war ihm voll bewusst, was zu tun war: „Wir verstecken uns davor!“

Ach ja. Es ist schon schön, noch mitzubekommen, dass man ihnen alles beigebracht hat, was man weiß. Man ist dann vielleicht für einen kleinen Moment auch ein wenig stolz. Sogar mit der oft eher mühsam und in der Erinnerung bestenfalls fragwürdig ausgefüllten Vaterrolle ist man zwischendurch kurz zufrieden, für eine Minute oder zwei.

Dann musste der Sohn schon wieder dringend weiter, vermutlich um irgendwo anders zu chillen. „Eines Tages“, sagte ich noch, guckte angemessen feierlich und nickte ihm bestätigend zu, während er sich umdrehte und ging, „eines Tages wird all unser Verdrängtes dir gehören.“

***

Sie können hier Geld in die virtuelle Version des Hutes werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch. Die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

2 Kommentare

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.