Auf Wunsch meiner nordostwestfälischen Schwiegereltern backt die Herzdame diesmal nicht in exaltierten Kleidchen und partytauglichen Pumps, sondern ganz schlicht in Jeans und Dings und barfuß. Mehr so der bodenständige Look, das passt aber auch ganz wunderbar zur verwendeten Hauptzutat: Rhabarber.
Rhabarber ist der ewige Dritte der Saison, nach Spargel und Erdbeeren, ohne die geringste Chance, jemals aufzuholen. Das ist ein wenig bedauerlich, aber das werden auch wir nicht ändern können, wir können nur kurz darauf hinweisen, dass Rhabarber-Baiser-Kuchen etwas ziemlich Großartiges ist. Ich habe den noch nie vorher so gegessen, bin aber restlos überzeugt, den machen wir jetzt nur noch so, das ist eindeutig besser als schlichter Rhabarberkuchen, der natürlich auch schon nicht schlecht ist.
Das würden auch die Söhne unterschreiben, die Rhabarberkuchen gar nicht mögen, in dieser Variante aber immerhin die Baiserschicht runterknabbern können. Und zwar mit erheblicher Begeisterung. Wobei mir bei Durchsicht der Bilder auffiel, dass Sohn I beim Backen gar nicht dabei war. Das war etwas irritierend, bevor mir wieder einfiel, dass der feine Herr gerade eine Woche auf Sylt war, man kommt bei dieser umtriebigen Jugend gar nicht mehr hinterher. Was die alles unternehmen! Als ich in seinem Alter war, bin ich höchstens alleine Milch holen gegangen. Wir hatten ja nix! Die Milch übrigens, die Älteren erinnern sich, gab es damals noch in Plastikschläuchen, die als Verpackung denkbar ungeeignet und geradezu lachhaft unpraktisch waren. Und ich erinne mich bis heute an einen Tag, an dem mir so ein glitschiges, kaltes Mistding dreimal auf dem Rückweg vom Laden runterfiel, an diese riesige Milchpfütze auf dem Gehweg vor meinen Füßen. Und noch einmal. Und noch einmal. Bis es meiner Mutter zu teuer wurde und sie schließlich selbst Milch holen ging. Traumatische Erfahrungen, die heute keiner mehr versteht. Aber egal.
Wir brauchen:
600 Gramm Rhabarber
150 Gramm Mehl
75 Gramm Speisestärke
Anderthalb TL Backpulver
150 Gramm Margarine
150 Gramm Zucker
1 Packung Vanillezucker
2 Eier
3 Eigelb
Für die Baiserschicht:
3 Eiweiß
175 Gramm Zucker
1 TL Zitronensaft
Den Rhabarber vom Nachwuchs waschen und in Stücke schneiden lassen, wenn Nachwuchs vorhanden. Wir haben für solche Fälle ein Spezialkinderküchenmesser, das klappt sehr gut. Und bei rotem Rhabarber fällt Blut auch gar nicht so auf.
Und da Kinder durch Nachahmung lernen, schnippelt man selbst auch ein wenig.
Mehl, Speisestärke und Backpulver sieben. Ich halte das ja nach wie vor für eine Glaubensfrage, aber egal, das Thema hatten wir schon und ich darf auch einmal unbelehrbar sein. Die Herzdame siebt tatsächlich. Die Margarine mit dem Zucker und dem Vanillezucker schaumig rühren. Drei Eigelbe und zwei ganze Eier darunter rühren und beim Rühren das Mehlgemisch dazugeben.
Den Teig in eine vom Nachwuchs eingefettete Springform geben. Die Rhabarberstücke auf dem Teig verteilen. Das sieht eventuell zunächst so aus, als seien es zu viele, aber das passt schon.
Bei 180 Grad etwa 45 Minuten backen, wir wollen hier gar keine Präzision vortäuschen.
Die drei Eiweiße mit einer Prise Salz, welches oben in der Zutatenliste fehlt, zu steifem Schnee schlagen.
Zucker und Zitronensaft unterrühren. Den Kuchen aus dem Ofen holen und die Baisermassse darauflöffeln. Das darf und soll ruhig etwas unregelmäßig aussehen, finde ich.
Danach den Kuchen etwa 15 Minuten weiterbacken, die Baisermasse sollte nicht zu dunkel werden. Aber doch ein wenig Farbe nehmen.
Zack, fertig. Sehr guter Kuchen, sehr einfache Zubereitung, sehr oft wiederholen.
Wird die Herzdame vor der Pflaumensaison noch einen weiteren Kuchen schaffen? Und was wird sie dabei tragen? Fragen über Fragen!
Das Originalrezept kommt von hier.
„Anderthalb“ TL Backpulver – das sagt man zwar so, hab das aber noch nie irgendwo geschrieben gesehen.
Na, dann gucken Sie mal hier, Hans-Georg.
Die Milch im Plastikschlauch habe ich erstmals nach ca. 1976 gerade diese Woche mit Entsetzen gesehen: bei Edeka Niemerszein, verkleidet als tagesfrisch und in schwarz-weiss-Kuhmuster gefleckt. *grusel*
Ich möchte gern bei der Herzdame einen Kurs im „Sauberen und entspannt anmutigen Kuchenbacken“ belegen.
Ich hab die erste Zutat kaum angefasst und schon Flecken auf den Klamotten, muss nach jedem Backen die gesamte Küche grundreinigen und ich glaub seh auch nicht so verdammt anmutig aus wenn ich in den Backofen kucke.
Gratulation !
und ich möchte die herzdame gern fragen, wo sie ihr sehr schönes blusen-oberteil her hat
Danke für den Hinweis, Frau Isa. Und ich dachte wirklich, man sagt das einfach nur so daher, quasi mundartlich, so wie man auch mal Meech sagt statt Milch. Oder Semf statt Senf.
der ewige dritte der saison? papperlapapp. ohne rhabarber keine saison! wer braucht schon spargel?
Das klingt alles überaus lecker. Aber: Margarine?? Geht das nicht auch mit guter Butter?
genau, ohne Rhabarber keine Saison. Erst recht, seit ich weiß, wieviel besser Rhabarberkompott mit Orangensaft schmeckt. Noch mehr Saison!
@Jo: das mit dem „entspannt“ bitte schnell streichen. Wenn ich vor der Kamera backe, dabei versuche sauber zu bleiben und dazu noch die Söhne im Hintergrund bin ich alles andere als entspannt. Und anmutig naja….. man macht eben viele, viele Fotos und hofft, dass wenigstens so zwei bis drei was geworden sind 😉
@avalon: das Blusen-Oberteil ist das Geschenk einer Freundin. Ich glaube, es war von Vero Moda, ist aber schon etwas älter.
Ihre Herzdame macht zweifelsohne auch in Jeans eine fabelhafte Figur.
Der Kuchen wird morgen zum Geburtstag meines Mannes nachgebacken. Ich vertraue da einfach mal ihrem Urteil.
Gruß
Barbara
Die farblich zum Himbeer-Rhabarber lackierten Fußnägel, es sind immer diese entzückenden Details!
Sorry, aber ich kann das nicht ernstnehmen ohne Kleid.
Unseriös!
Direkt am Wochenende nachgebacken und einen vollen Erfolg gelandet. Vielen Dank – mein erster Rhabarberkuchen 😉
Auch bei uns haben sich die Kinder voll auf das Abschlecken der Rühgerätschaften und das saubere Abtragen des Eischnees konzentriert. Der Rhabarber hat eher weniger interessiert. Was das betrifft ergeht es dem Spargel bei uns aber auch nicht besser.
ob es wohl die möglichkeit einer eigenen kategorie auf der seite gäbe? man scrollt sich ja wund bei einem kuchenwunschverdacht.
Gestern nachgebacken. Sehr lecker. Vielen Dank!
Klar, bastele ich demnächst mal.
Bei lackierten Fußnägeln braucht es kein Kleid, und Rhabarber hat Spargel gegenüber den Vorteil, dass er lecker ist, Erdbeeren gegenüber den Nachteil dass er in den Formfaktor von Stangensellerie hat … 😉