Der Plan, das Wetter, die Wirklichkeit

Gestern gab es unfassbar viele Kommentare zum ersten Plastikfreieintrag (vielen Dank!), dabei wurden auch etliche interessante Links und wiederkehrende Hinweise gepostet, ich gehe auf einige noch ein, etwa warum wir keine Biokiste haben und wieso ich Lieferungen ohnehin mindestens fragwürdig finde. Nicht allgemein, aber für mich. Vielleicht schaffe ich das sogar heute noch, erst aber kurz zum Verlauf am Montag.

Gestern dachte ich, dass es vermutlich schlau wäre, in dieser Woche das supernormale Programm zu kochen, die Familienstandards eben, über die man nicht lange nachdenken muss, bei denen man nichts recherchieren muss und die andere auch kochen, es soll ja alles auch etwas nachvollziehbar sein. Also etwa Pellkartoffeln mit Kräuterquark. Ein Kilo Kartoffeln, einmal Quark, wenn einem Plastik egal ist, nimmt man eine Packung aus dem Kühlregal, fertig. Dazu etwas gute Butter, zack, sehr gutes Essen. Habe ich so gedacht, denn ich denke gerne schlau, also wenigstens versuchsweise.

Und ich habe mich schon gefreut, denn es war ja Gartenwetter, also dachte ich, wenn es denn überhaupt möglich ist, Quark im Glas zu bekommen – das allerdings schien mir fragwürdig – dann könnte ich ja wie so ein Selbstversorger einmal durch meine Beete strolchen und Dill, Schnittlauch, Petersilie, Radieschen, Knoblauchrauke, Salat, Giersch, Löwenzahn, Zwiebelgrün ernten, in den Quark rühren – und dann würden die Leserinnen aber mal staunen, wie simpel und geradezu foodbloggermäßig das plastikfrei geht, so mit Garten und Kräuterkunde! Das war ein wirklich schöner Plan.

Der Plan war zunächst auch pappeinfach umzusetzen, Kartoffeln gab es vom winzigen Wochenmarkt in Hammerbrook, ganz ohne Plastik direkt in meinen Beutel, den Quark gab es zu meiner Überraschung im Bioladen im Glas. Den habe ich da noch nie vorher wahrgenommen, das war also schon einmal lehrreich, ab und zu sollte man doch genauer hinsehen, es gibt vielleicht mehr als man denkt, auch in den Läden, die man kennt. Ich hatte Quark im Glas vorher gegoogelt und mit Schwierigkeiten gerechnet, so viele Anbieter gab es da nicht, aber hey, alles easy. Es gab auch Joghurt im Glas und Milch in der Flasche, das habe ich alles mitgenommen. Gewichtsmäßig ist der Einkauf dann aber alles andere als easy, das wäre auf Dauer auch zu bedenken und irgendwie zu lösen, darauf kommen wir dann noch.

Und dann waren wir auch tatsächlich im Garten, es war traumhaftes Wetter, die ganze Billerhuder Insel steht jetzt in Blüte, ein Fliedermeer in Lila und Weiß, dazu natürlich Apfel, Birne, Kirsche und so weiter, und der Weißdorn! Die Tulpen! Da kann man ja so alt werden, wie man will, es ist immer wieder umwerfend, wie Norddeutschland, das im Winter bei aller Liebe eher unschön und stets etwas ungepflegt und vernachlässigt wirkend herumliegt, nach zwei bis drei Wochen Frühling plötzlich so unglaublich verführerisch und anziehend wirkt, man möchte sich vor jeden Busch setzen und erst einmal gucken und staunen, einfach nur staunen. Aber man hat ja keine Zeit.

Wir haben im Garten etwas gearbeitet und gegossen und geerntet.

Und wie es im Garten so ist, plötzlich waren drei Stunden vorbei und wir mussten uns entscheiden, ob wir uns irgendwo bei den freundlichen Nachbarn an eine Grillrunde anschließen wollten oder abbrechen und Plan A. Selbstverständlich gewann der Grill, obwohl in dieser Familie keiner richtig gerne grillt, aber als Hamburger wird man das Gefühl nicht los, jeden warmen Tag ohne Regen bis zum Exzess draußen ausnutzen zu müssen, denn es könnte ab morgen sieben Wochen regnen und dann sitzt man wieder händeringend und wehklagend auf dem Sofa und denkt “Hättest du mal!” Also fuhren wir kurz zum nächsten Supermarkt und holten etwas Fleisch. Es gab eine Fleischtheke, der Verkäufer fand das Ansinnen, etwas ohne Plastik zu bekommen sichtlich amüsant. Die Leute kommen aber auch auf Ideen! Lauter Irre, da draußen, echt jetzt mal. Die Herzdame hat sich mit ihm etwas unterhalten, er ging eher davon aus, dass bald alles nur noch in Plastik verkauft wird und bangte um seinen Job. Über plastikfrei hatte er sich noch nie Gedanken gemacht, das schien ihm nicht realistisch, nicht einmal ansatzweise. Der hat vermutlich noch den ganzen Abend über uns gelacht.

Immerhin gab es bei diesem Einkauf wenig Plastik. Weniger jedenfalls, als wenn wir diese üblichen und superekligen Grillfleischpackungen aus dem Kühlregal gekauft hätten, in denen die Marinade unter dem Plastik immer so Schlieren zieht, die nach Chemiebaukasten für die Klassen 5 bis 6 aussehen.

Dazu brauchten wir noch Brot, in dem Supermarkt gab es aber keinen Bäcker. Wenn es keinen Bäcker gibt, hat man keine Chance, Brot ohne Plastik zu bekommen, überhaupt keine. Es gab also eines dieser Baguettes mit Kondom, wobei diese Plastikteile über dem Baguette an beiden Enden offen sind und daher eigentlich sinnlos, die könnte man auch gut weglassen, die sind völlig unsinnig. Das wäre bei Kondomen dann übrigens auch so, liebe Kinder, aber egal.

Ich habe außerdem reflexmäßig und in namenloser Gier ein paar Blumentöpfe mit Blühzeug mitgenommen, die waren natürlich auch aus Plastik. Und die waren wirklich ein dummer Fehler, die hätte ich weglassen können. Pflanzen ohne Plastik, das ist allerdings auch so ein eher problematisches Thema, wie sowieso ein Garten ohne Plastik ganz eigene Einträge wert ist, da denkt man gerade in England in mehreren Blogs drüber nach. Aber Haushaltseinkäufe sollen hier erst einmal vorgehen

Die Pellkartoffeln mit Kräuterquark – werde ich es heute schaffen, ein planmäßiges Abendessen zuzubereiten? Ist nicht wieder Gartenwetter? Wie lange hält sich so ein Quark und was ist überhaupt Knoblauchrauke? Und wo habe ich die Kartoffeln hingelegt?

In Kürze mehr.

8 Kommentare

  1. Ach ja, plastkfrei ist wirklich spannend! Ich habe da schon einiges an den Fleischtheken erlebt. Ich finde es auf jeden Fall toll, dass sich offensichtlich viele Gedanken darüber machen! Nur so wird sich etwas ändern! Und es gibt ja schon ganz gute Ansätze… z. B. Zucchini nur mit einem Band zusammengehalten, statt dieser unsäglichen Plastikbehälter! Für die, die keine so großen Ernten einfahren, wie Ihr!!! Haha…
    Viele Grüße von Margit

  2. Ja, an solchen Dingen scheitern meine vorgeplanten Pläne auch immer. Jetzt bin ich sehr gespannt auf die Lösung des Rätsels: „Wo hab ich die Kartoffeln hingelegt?“

  3. Diese marinierte Grillfleisch in Plastik ist einfach nur ekelhaft, einmal und nie wieder.
    Wir kaufen eh Fleisch naturell zum Grillen und würzen das dann nach eigenem Gusto, z.B.mit der vietnamesischen Grillsauce. Wobei ich mich da gerade frage, ob in Vietnam überhaupt gegrillt wird.

  4. Vielleicht wäre für den gewichtigen Einkauf ein Hackenporsche (so ein Hinter-sich-herzieh-Transportding-mit-Rädern) eine Möglichkeit.

    Ich lese hier schon seit Jahren so gerne mit, danke für alle Gedanken und Erlebnisse, die Sie mit uns teilen!

  5. Spannendes Experiment. Ich bin sehr gespannt, wie ihr das noch weiter umsetzt und hoffe auf ein paar neue, praktische Tipps.

    Wir haben nach unserem längeren Aufenthalt in Süd-Ost-Asien auch einige Zeit versucht, den Plastikmüll einzudämmen und gemerkt, dass sich das in einem vollen Alltag wirklich nicht leicht umsetzen lässt. Jetzt haben sich alte Verhaltensweisen wieder eingeschlichen und daher steht das Thema auch hier wieder auf dem Plan.

    @Hans-Georg: In Vietnam (zumindest im Norden, im Süden war ich nicht) wird durchaus gegrillt, gerade auf dem Land, wo viele Menschen ohnehin mit offenem Feuer kochen. Auch in Laos war das sehr üblich.

  6. Als ich früher, mit 13, einmal wöchentlich die Familieneinkäufe mit dem Rad machte, hatte ich ein Paar Satteltaschen für übern Gepäckträger, die wogen voll schonmal gern 10-15 kg. Darüber kam dann noch ein Karton H-Milch, 12 kg, und manchmal noch ein Sack Kartoffeln, 5 kg, und ab und zu hing noch ne Tasche am Lenker. Geht alles. Ah, das war natürlich nicht Markt noch Bioladen, sondern Aldi.

  7. Wenn ich dann Leute im Edeka sehe, die die Bananen noch in Plastik tun um sie dann abzuwiegen… Ich Wiegendruck 6 Äpfel ohne Plastik und mach dann an einen das backerli. Bei lidl oder Aldi gibt es inzwischen auch das eine oder andere Gemüse/Obst unverpackt, die Kasse wiegt dann.

  8. Sohn 2 liebt Experimente und war sofort Feuer und Flamme von der Idee, eine Woche plastikfrei einzukaufen. Und wenn Sohn 2 was will, müssen alle mitziehen. Da hilft nichts. Leider.Große Lust hatte ich ja nicht, aber wenn ich so eine Aufgabe gestellt bekomme, nehme ich sie auch ernst. Nun haben wir schon drei Tage des Experiments hinter uns und ich sag mal so: gut läuft das nicht.Am Montagmorgen bin ich schon daran gescheitert, weil ich vergessen hatte, mirveine Tupperdose für mein Pausenbrot mit zum Bäcker zu nehmen und somit das Brot in einer Plastiktüte mitnahm. Ich hätte wahrscheinlich auch um eine Papiertüte bitten können, aber dann ist das ja schon mittags ausgetrocknet und ich hätte es weggeworfen. Also musste ich mich entscheiden: mein halbes Brot in Plastik oder den Rest wegwerfen. Und jeden Tag neues Brot kaufen, dafür habe ich auch einfach keine Zeit.Wie gut, dass ich noch Butter und Aufschnitt von der letzten Woche hatte und damit kein weiteres Plastik kaufen musste. Über mein Einkaufserlebnis an der Fleischtheke am Montagabend hat der Gatte schon hier berichtet. Das fand ich auch schon sehr enttäuschend. Am Dienstag sind wir nachmittags in den Garten gefahren und ich wollte gerne noch ein paar Süßigkeiten für die Kinder kaufen. Ohne Plastik und auch ohne Alufolie. Probiert das mal!Auf meinem Weg kam ich nur an einer Drogerie vorbei, die aber auch viele Bioprodukte haben und ich war deshalb optimistisch, irgendetwas Süßes zu bekommen. Egal, ob die Kinder das nun mögen würden oder nicht, aber Hauptsache ohne Plastik.Ich habe mich wirklich redlich bemüht was zu finden und habe bestimmt zehn Minuten alle Regal abgesucht. Leider Fehlanzeige. Dann bin ich zur Verkäuferin und habe sie gefragt, ob sie noch eine Idee hätte, was ich ohne Plastik und Folie kaufen könnte. Geschmack egal. Erst hat sich mich angesehen, als wäre ich nicht ganz dicht. Zusammen haben wir dann auch noch mal 5 Minuten die Regale durchgescannt. Und dann war sie selbst ziemlich schockiert, dass sie wirklich gar nichts ohne Plastik im Angebot haben. Wir haben sogar mehrere Schokoladen halb ausgepackt, um dann festzustellen, dass selbst die teuren Bioschokoladen unter ihrem Einwickelpapier noch Alufolie haben. Gummibären, Kekse, Reiswaffeln, Chips – alles in Tüten.Am Ende habe ich ohne Einkauf den Laden verlassen und eine etwas verstörte Verkäuferin zurückgelassen, die diesen haltlosen Umstand auch sofort ihrem Vorgesetzten weiterleiten wollte.Ich bin dann zum Bäcker gegangen und habe Kuchen gekauft. Leider für den dreifachen Preis, im Vergleich zu einer Packung Kekse. Beim Einpacken des Kuchens fragte ich dann auch vorsichtshalber nochmal, ob die Zwischenlegefolien auch plastikfrei sind. Die Zwischenlegefolien sind aus beschichtetem Papier und die Verkäuferin fand meine Frage auch ganz schön dämlich. Immerhin stand neben mir ein Kunde, der viel Verständnis für meinen Wunsch zeigte und mich dann ungefragt mit 1000 weiteren Informationen und Tipps versorgte, die er irgendwo im Fernsehen mal gesehen hatte.Unser Abendbrot war dann etwas karg, da der Gatte nur Fladenbrot und so einen vegetarischen Brotaufstrich im Glas gefunden hat (Details dazu berichtet er selbst.) Und ich hasse vegetarischen Brotaufstrich. Für das Kochen war keine Zeit mehr, da wir bis um 22 Uhr im Garten waren. Mir scheint, der Versuch plastikfrei zu leben hat den Effekt, dass man am Ende gar nichts mehr isst, er ist damit noch besser für die Figur als zuckerfrei zu leben.Gestern sind wir gleich nach der Arbeit in den Garten gefahren, weil wir da einen Termin mit den Laubenbauern hatten. Das heißt, es musste schnell gehen und weil da auch noch ein spätes Mittagessen, Kuchenessen und Abendessen geplant war, mussten wir das auf dem Weg mal eben im Supermarkt kaufen.Leider hatte dieser Supermarkt weder einen Bäcker noch eine Frischetheke. Deshalb bin ich kurz zum Bäcker rübergegangen und habe die letzten zwei labberigen, ekeligen Pizzastangen und eine Platte Butterkuchen gekauft. Alles in Papier und mit Papierfolie getrennt. Und ein Brot für das Abendessen, leider wieder in Plastik.Für das Abendbrot im Garten, wo wir mangels Laube noch kein ausreichendes Geschirr hatten, haben wir dann die reinste Plastikschlacht veranstaltet. Frischkäse zum Dippen, Würstchen und Kartoffelsalat (ein Pott und eine Gabel für alle). Und für das gute Gewissen eine Melone ohne Plastik, die dann aber mangels Messer niemand gegessen hat.Fazit dieser Tage: ich ernähre mich hauptsächlich von Resten oder gar nicht, weil ich nichts ohne Plastik kaufen kann oder mit schlechtem Gewissen, weil es nichts ohne Plastik gibt. Unterm Strich habe ich deshalb aber insgesamt deutlich weniger Müll produziert, weil ich einfach weniger gekauft und nichts gegessen habe.

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