Gute Vorsätze 2019

Ich habe über gute Vorsätze nachgedacht, weil ich als ambitionierter Hobbyforscher in den letzten Jahren etwas belegt habe: Wenn man keine guten Vorsätze für ein neues Jahr hat, etwa weil man über den Unsinn intellektuell erhaben ist, weil man sich langweiligen Regeln widersetzen möchte, weil man zu cool ist oder weil man ganz einfach seine Lebensumstände lieber gar nicht erst genauer durchdenken möchte, dann nützt das auch nichts. Die Jahre werden nicht toller, interessanter oder erfolgreicher, nur weil man keine guten Vorsätze hat. Bitte sehr, wissen Sie das jetzt auch.

Das heißt natürlich im Umkehrschluss, dass ich für 2019 zur Abwechslung mal wieder welche haben könnte, denn wenn man schon selbst mühsam zu geistreichen Schlüssen kommt, dann muss man danach handeln, finde ich. Wer immer strebend sich bemüht! Nun ist es aber mit guten Vorsätzen so eine Sache. Es gibt die naheliegenden, also mehr Sport, weniger Zucker, mehr Bewegung und dergleichen, die kennen und haben irgendwie alle, an denen scheitern aber dummerweise auch fast alle. Die sind also furchtbar unoriginell und im Nachhinein tendenziell peinlich, die würde ich nicht öffentlich festlegen wollen, wenn überhaupt. Ich erinnere mich an Jahre, in denen ich mit dem Rauchen aufhören wollte (keine Irritation, ich habe längst aufgehört) und dann am 1. Januar um 10 Uhr zum Automaten lief, das waren Demütigungen erster Klasse, wirklich furchtbar.

Es gibt auch die eher heiteren Varianten, bei denen man die humoristische und die geistreiche Motivation durchmischen kann, etwa im nächsten Jahr mehr aufs Handy zu starren, warum auch nicht. Das hat Unterhaltungswert und bemerkenswerte Denkansätze, aber damit hätte ich dann früher anfangen müssen, da fällt mir jetzt nichts mehr ein. Zu spät, Du rettest den Vorsatz nicht mehr.

Drittens gibt es die einigermaßen herausfordernden Varianten, auf die man nach etwas Nachdenken selbst kommt, wenn man denn halbwegs klar erkennt, wo man gerade Optimierungsbedarf hat. Die sind aber oft nah an den erstgenannten Vorsätzen, weil wir im Grunde alle im gleichen Sumpf herumstrampeln. Und da, wo sie nicht nah an den gängigen Varianten sind, erscheinen sie mir dennoch höchst zweifelhaft. Denn wenn ich mein Unterbewusstsein wäre (darf man auch nicht zu lange drüber nachdenken), dann würde ich mich ja an dieser Stelle sofort ausbremsen, einfach um mir meine Gemütlichkeit zu erhalten. Denk mal ruhig herum, würde ich zu meinem bewussten Ich sagen, ich sorge schon für passende Beschlüsse. Denn als mein Unterbewusstsein wäre ich selbstverständlich ganz außerordentlich trickreich, da wäre der listenreiche Odysseus aber gar nichts dagegen.

Und sowieso bliebe ich bei all dem dummerweise in meinem Selbstbild verhaftet, und über die intellektuelle Sollbruchstelle des Selbstbild/Fremdbild-Dramas habe ich schon sehr oft geschrieben. Weswegen mir die Idee kam, mich an eine intelligente und moralisch über alle Zweifel erhabene Jury zu wenden, also an Sie. Das ist im Grunde naheliegend, Sie lesen hier ja schon (Zeitraum bitte selbständig einfügen) mit, Sie haben sich dabei manchmal amüsiert und manchmal interessiert, manchmal hat es Sie sicher auch enerviert, was auch immer, Sie haben da jedenfalls ein verwendbares Fremdbild, weil Sie als Mensch von überragender geistiger Kompetenz natürlich auch gründlich zwischen den Zeilen lesen, wie es sich gehört, und sich stets Ihren Teil denken. Über die Texte und über mich. Und wer weiß, am Ende liegen Sie richtig. Ein etwas herausfordernder Gedanke, so unter uns Topcheckern, aber was soll’s.

Daher möchte ich die Sache mit den guten Vorsätze für das Jahr 2019 diesmal einfach delegieren, sagen Sie mir doch mal bitte, was ich mir sinnvollerweise vornehmen soll, Sie kennen sich doch bestens aus. Und dann gucke ich mal, was ich daraus mache. Und werde berichten. 

Moment, ich setze mir nur eben einen Helm auf.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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23 Kommentare

  1. Listenreich hin oder her: So fangen wir nicht an. Sie muten uns Leserinnen und Lesern zu, Sie zu einem Ideal formen zu wollen, dass wir von Ihnen entwerfen. Damit hat Ihr Unterbewusstsein sich einen Scheunentor-großen Ausweg gelassen, der da lautet: Das hat ja alles nichts mit mir zu tun.
    Gleichzeitig ist Inspiration von außen eine gute Idee. Um Nutzen und Wirkung zu entfalten, braucht sie jedoch einen Anker, den nur Sie werfen können. Nämlich: Wer und wie wären Sie denn gern?
    Sobald Sie sich mit Ihrem Unterbewusstsein auf wenigstens ein paar Eckpunkte einigen können, liefern wir Ihnen die Vorsätze dazu.
    Deal?

  2. @Kaltmamsell: Ich habe keine Ahnung, wie ich gerne wäre, also jedenfalls nicht im Rahmen realistischer Erartungen. Man könnte es aber natürlich vom Sein wegdenken und auf das Machbare beschränken, und dabei vielleicht noch auf das, was Sie sehen, also auf das, was hier (oder sonstwo) steht. Denn ich könnte ja durchaus gute Vorsätze für das haben, was ich hier oder anderswo schreibe. Das ist psychologisch unvedächtig und machbar, ist es nicht?

  3. Ich habe hin- und her überlegt, und komme zu dem Schluss, dass da aus meiner Sicht nichts zu optimieren ist. Ist schon alles vorhanden.
    Also: nichts ändern, weitermachen wie bisher, Bodenhaftung behalten, Familie liebhaben,
    die klugen Beobachtungen und Selbstreflexionen mit uns teilen.

  4. Raus aus der Komfortzone! So oft wie möglich Dinge zum ersten Mal tun.

    Meiner Erfahrung nach lassen Menschen und Umstände sich in den selteneren Fällen direkt auf ein bestimmtes Ziel hin verändern.

    Die Energien ändern und neue Zutaten einfügen, vielleicht auch mal nur zwischen denselben Punkten neue Wege gehen und gucken, was passiert, das ist mir probates Mittel geworden.

    Wohlweislich ohne fest definierten Zweck. Das findet sich dann schon.

  5. Was auch immer am Ende (oder vielmehr am Anfang) dabei heraus kommt: bitte schreiben Sie einfach weiter hier darüber. Meine Wenigkeit wäre damit sehr zufrieden.

  6. Tief Luft holen, den ungeliebtesten, krank machenden Job loslassen und Vollzeit schreiben.

    (Hab’ ich damals gemacht. Aber ich hatte, wie Du ganz richtig anmerken willst, auch nur für mich selbst zu sorgen. Und den Bären natürlich. Wobei ich nicht sicher bin, ob der nicht für sich selbst und mich sorgt seither. Und für meine Genesung verantwortlich war. Es ist kompliziert.)

  7. Mehr Handwerklichkeit! Und bitte nicht nur das butterweiche Rumgegärtnere, da fehlt der konstruktive, Dinge formende und schaffende Faktor.

    Einen Zaun haben Sie wohl schon gebaut, erinnere ich – haben Sie auch schon mit den Söhnen geschnitzt? Und dass Sie die Fenster ihrer Wohnung in kommenden Frühjahr verspiegeln, und zwar nach Prototyp und Testläufen der dadurch selbstermittelten Idealkonstruktion folgend, halte ich angesichts der gefährlichen Überhitzung Ihrer Wohnung für den wichtigsten Gewinn aus diesem Vorsatz. (Falls Sie Inspiration und Rat wünschen, ist Barmbek nicht zu weit.)

    @Kaltmamsell: Ihre Replik und Anregung ist wunderschön pointiert und direkt formuliert und dabei ausgenommen klug und höflich – eine Perle der Kommunikation, quasi ein Stück für die Lehrbücher. Danke dafür 🙂

  8. @Carom: Am Handwerklichen werde ich 2019 eventuell noch wegen der kaputten Gelenke scheitern, das kann ich nicht ausschließen. 2018 war es allerdings nicht nur ein Zaun, es waren auch etliche Beete und derlei. Bei der Verspiegelung der Fenster bin ich nicht sicher, das eigentliche Problem ist wohl eher das Metalldach über uns.
    @Kiki: Das ist doch mal ein Schubs. Ich sehe nicht, wie das geht, aber ein Schubs ab und zu ist sicher nicht schlecht.
    @Ulrike: Vielen Dank. Das ist natürlich machbar!
    @Alexandra: Das mit der Komfortzone ist lustig, weil alle immer darüber reden, dass man da raus muss – ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob ich da überhaupt drin bin. Aber neue Gelegenheiten schaffen, das werde ich jedenfalls einbauen können.
    @Trulla: Danke! Wobei ich Klugheit weit von mir weisen würde 🙂

  9. Wenn man sich vornimmt, jeden Tag eine Kleinigkeit von schönen Sachen, die man den Tag über er-lebt hat, für sich aufzuschreiben (also, in ein Heftchen oder Datei), ist der nächste Jahresabschluss ein Streifzug durch das ganze zufriedene, schöne Jahr.

  10. Sag dem Unterbewusstsein doch, dass du den Vorsatz hast, keinen Vorsatz zu haben. Mit etwas Glück ist es bis zum Ende des Jahres damit beschäftigt, das zu verarbeiten.

  11. Ich reiche ein: Weitermachen wie bisher, hier und da eine zusätzliche Prise Leichtigkeit beimischen, gilt das als Vorsatz?

  12. „Was schön war“ umformen zu „Was anders war“ und jede Woche zu einer kleinen Sache „ja“ sagen, die an Dich herangetragen wird und auf die Du zunächst keine Lust hast (z. B. weil vermutet unangenehm oder der eine Gefallen zu viel für jemand anderen oder weil nochmal raus nach 21 Uhr oder weil Dich eine Foto-Ausstellung über Städtebau in Kasachstan eigentlich nicht interessiert). Dann schauen, wohin das so führt.
    Keine riesigen Dinge, eher sowas, das sich in maximal eins, zwei Stunden erledigen lässt. Nur so eine Idee und bitte definitiv sein lassen, wenn es sich wie „To Do Nr. 67“ anfühlt. War aber bei mir mal sehr gut gegen Winterblues.

  13. Hmmm… ja, das wäre schön 🙂

    Aber eigentlich meinte ich das, vor allem, für dich selbst. Eine kleine Kladde, ein kleiner Taschenkalender, und jeden Tag etwas schönes rein schreiben. Dann kann man am Jahresende mind. 365 tolle/schöne Ereignisse Revue passieren lassen und ein Jahr, das im ersten Rückblick vielleicht eher weniger schön war, wandelt sich in ein tolles Jahr.

  14. Konkret kann ich nichts benennen, aber ich votiere für zwei Kategorien: 1. ein bisschen die Welt retten. 2. sich selbst bereichern (im Sinne von fortbilden, etwas erleben, etwas erlernen).

    Außerdem lese ich gern Erörterungen philosophischer Probleme. So in die Richtung online shopping versus Schneebesen vor Ort – der Zweiteiler (oder Dreiteiler, wenn man den Kommentar von Frau Novemberregen dazu zählt) hat mir gefallen. Sich Zeit nehmen, um etwas mal gründlich durchzudenken – das würde ich gern delegieren.
    Herzlich aus Berlin!

  15. Sie schrieben hier vor ein paar Monaten: „So dramatisch viel besser klappt das, ich müsste eigentlich sofort und dauerhaft Hausmann werden. Aber Geld, ne.“ Fällt Ihnen für das nächste Jahr ein, wo sie an der Geld-Zeit-Schraube noch ein bisschen drehen könnten?

  16. Ich beteilige mich mit einer Idee, die verschiedene Dinge kombiniert, die ich an Ihren Texten so mag: das leise Beobachten von Situationen im Alltag und Weiterdenken von Geschichten, Neues ausprobieren, in und um Hamburg… Wie wäre es, saisonales Obst / Gemüse (vertiefende Verbindung zum Gärtnern) aus verschiedenen Quellen (Kleinmärkte, Wochenmärkte, eigener Garten, Balkonkasten, Gartennachbarn, kleine Geschäfte, Tauschgeschäfte mit Freunden & Bekannten, etc. ) zu verkosten und rund um die Begebenheiten und Eigenarten (der Besorgung, des Lebensmittels, der beobachteten Menschen usw.) Eindrücke, Erfahrungen, Geschichten zu sammeln und uns daran Teil haben zu lassen? Viele Grüße, Antje

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