Der ganze Grimm des Nordens

Wir fuhren nach Eiderstedt und das Wetter wurde schlechter und schlechter, Drohwolken und Herbstluft, der ganze Grimm des Nordens und insgesamt eine düstere Stimmung, als wollte der Landstrich den vielen neuen BesucherInnen aus den südlichen Landesteilen mal zeigen, was eine nordfriesische Harke ist. Vor Tönning ein Windpark, die Masten und Flügel leuchteten hell auf, als gerade ein Sonnenstrahl durchbrach. Hektisch winkten die Mühlen ab, jede Drehung ein eilig gewedeltes „Kehret um! Kehret um!“ vor schwarzem Gewölk. Aber man kann nun wirklich nicht auch noch auf Windparks hören, denn wo kommt man da hin? Nirgendwo mehr, also zumindest hier im Norden nicht.

Stoisch fuhr ich weiter, trotzig kam ich an, hier habe ich gebucht, hier parke ich. Ich stieg aus und guckte zum Himmel, an dem sich die Wolken jetzt zusammenschoben und aufbauschten wie in einem Kurs für Landschaftsmalerei in Öl, und ich dachte das passt schon, wenn schon schlechtes Wetter, dann bitte hier, denn hier ist es wenigstens dekorativ. Und damit waren wir also wieder auf dem Hof, zum mittlerweile siebten Mal, wie wir etwas überrascht nachgezählt haben. Sieben Mal, guck an, dann waren die Söhne damals ja noch so klein, und wir zeigten Größen etwa in Kniehöhe und konnten es uns kaum glauben.

Der Hof hat einen ganz wesentlichen Vorteil, der sich in jedem Jahr wieder bewahrheitet hat, in diesem sogar mehr als in jedem anderen, es handelt sich dabei um einen Vorteil, den besonders Eltern verstehen werden, die in diesem Jahr ein wenig eng und lange im Familienkreis zusammengehockt haben: Wir sehen die Kinder da so gut wie gar nicht. Nichts gegen die Kinder, aber ab und zu habe ich gerne frei. Sie steigen dort bei der Ankunft aus dem Auto und machen dann eine Woche lang ihr Ding, von dem wir in jedem Jahr weniger wissen, was es eigentlich sein mag, es interessiert uns aber auch immer weniger. Irgendwas mit anderen Kindern eben, oder aber mit Schafen, Hühnern oder Pferden. Egal.

Ich setze mich dort also auf ein Sofa – oder bei gutem Wetter in einen Strandkorb –, und zwar so lange, wie ich möchte. Eltern werden nachvollziehen können, was das heißt. Man sitzt oder liegt irgendwo zwei, drei und mehr Stunden herum und wird einfach nicht gestört, es ist ein seltsam surreales Gefühl.

Für den besonders gelungenen Einstieg habe ich mich hingesetzt und gleich einen Roman am Stück durchgelesen, das habe ich lange, lange nicht mehr gemacht. Ein Roman, der in Nordfriesland spielt, wenn auch in einem anderen Landesteil, etwas weiter nördlich. Aber egal, es war ein ungemein süffiger Roman, endlich einmal wieder etwas zum Dranbleiben aus Freude und Begeisterung und Interesse, die Mittagsstunde von Dörte Hansen. Dicke Empfehlung. Wenn Sie mal in Nordfriesland sein sollten, das ist ja beliebt da – unbedingt mitnehmen.

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3 Kommentare

  1. Das klingt nach einem sehr, sehr gelungenen Urlaub. Und die Roman-Wahl ist wirklich gut. Ich hatte „Altes Land“ gelesen und dann hat es mir keine Ruhe gelassen bis ich auch „Mittagsstunde“ gelesen hatte. Jetzt warte ich auf ihren dritten Roman.

  2. Der Hof klingt gut, trotz und mit Wetter(s). Der Roman ist wirklich sehr gut, „Altes Land“ ebenso, was selten gelingt, wie wir wissen. LG

  3. Tetenbüll ist immer schön, bei jedem Wetter. Ich muss das wissen, ich bin schließlich in dem Dorf zeitweise herangewachsen. So richtig mittendrin, gegenüber von der Kirche.

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