Es gibt Tomaten

Gestern habe ich eine Frau beim Discounter gesehen, die direkt hinter der Kasse eine Packung Tomaten aufriss und sich das ganze Pfund dann Stück für Stück in den Mund schob, gierig, schmatzend und mit einer seltsam routiniert wirkenden Raufrunterbewegung der Hand an der Maske. Nicht die kleinen Cocktailtomaten, nein, schon die mittelgroßen Exemplare. Maske rauf, Tomate rein, Maske runter, das Kauen, das Schlucken, gleich noch einmal, zügig lief das. Das Wort Futterluke drängte sich mir auf. Dabei war sie tief über ihren Einkaufswagen gebückt, damit es nicht jeder sofort sah, was sie da machte. Zwischen den Bissen redete sie leise vor sich hin und mit sich selbst, eine feucht tomatisierte Aussprache. Kein Einkauf mehr ohne Menschen, die irgendwie auffallen. Aber wer weiß, was andere von mir denken, da also immer vorsichtig sein.

Ich habe später versucht, ob diese ewige und wirklich lästige Müdigkeit nicht endlich erledigt ist, wenn ich den Mittagsschlaf einfach direkt nach dem Aufwachen wiederhole. Schafft zwei, drei, viele Nickerchen! Aber egal, das war nicht der Fall. Immer gleich müde aufwachen, immer schade denken, ich bin ja schon wieder wach. Vielleicht würden zwanzig Nickerchen helfen, eine lange Perlenkette von Mittagsschlafvarianten. Vielleicht müsste ich eine ganze Woche einfach liegen bleiben, vielleicht länger, es würde mich nicht wundern. Ich werde auch damit ja nicht alleine sein. Ich lag herum, es bildeten sich um mich herum To-Dos aus dem Nichts. Die Herzdame ging vorbei und sagte: „Wir müssen noch …“, ich sagte: „Nein.“ Bei nächster Gelegenheit wiederholen wir das andersherum, wir kennen alle Parts im Drehbuch längst auswendig.

Einmal wieder aufstehen und voller Enthusiasmus denken, jetzt geht es aber los! Aber vielleicht ist man über diesen Punkt auch einfach irgendwann rüber und es geht gar nicht mehr los, es geht einfach immer nur weiter, das kann auch altersbedingt sein. Ich weiß es nicht recht, ich müsste wohl mehr darüber nachdenken. Aber erst lege ich mich noch etwas hin.

Im Garten blühen währenddessen übrigens die Narzissen, eine strammstehende Reihe leuchtend gelber Blüten vor der Laube. Diese Reihe ist sehr gerade und gleichförmig, sie sieht aus, wie kleine Kinder Blumen vor ein Häuschen malen. Zwei Stifte nur, gelb und grün, und alle Blumen dann exakt so wie die anderen. Genau so habe ich die auch mal gemalt, ich weiß es sogar noch. Wenn noch mehr Kinderbilder Wirklichkeit werden, dann ist hier auch irgendwo das Meer, das nehme ich als guten Gedanken des Tages.

Ein königsblaues Meer, und alle Wellen sehen gleich aus. Der Himmel dann aber weiß, das hebt sich besser ab.

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2 Kommentare

  1. Oh – wie ich das nachvollziehen kann: antriebsloses Herumgewaber in einem gummiartigen Nebel von „Dakommtnixmehr“… – Und nicht ein Individuum in Sicht, daß hieran etwas ändern könnte…

  2. Ich kann Ihnen das Buch „Energy!“ von Anne Fleck empfehlen.
    Da sind Checklisten drin, es gibt nämlich noch hundert andere mögliche Ursachen für Müdigkeit, habe ich gelernt, das muss nicht lockdown sein.

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