Mein Anteil an der Revolution

Im Postfach sind nur Spam-Mails von Fake-Damen, die mir mit der Betreffzeile „Ich will Sex“ entgegenkommen. Ich denke, wofür soll ich noch alles zuständig sein, ist gut jetzt, und ich lösche das alles, weg, weg.

Der Wetterbericht verkündet für die nahe Zukunft unfassbare 27 Grad und Regen, ich lege schon einmal das Monsunjäckchen raus. Wir haben Maiferien, also regnet es vermutlich die ganze nächste Woche durchgehend.

Wir haben Maiferien und wir machen nichts, was kaum überraschend sein kann. Im Zweifelsfalle kann man eh nichts machen. Besser nicht mehr darüber nachdenken, sonst fehlt einem am Ende noch etwas. Da ich mich gerade erschöpfungsbedingt aber eh für nichts interessiere, nicht einmal für die Pandemie, und da ich mich, wenn ich mich doch interessieren würde, vermutlich nur aufregen würde, was ja nicht gut ist, mache ich also erst recht nichts. Das wollte ich ohnehin schon länger, und diesmal also wirklich. Ich sitze auf dem Sofa und begucke mir die Wohnung und wohne so herum. An einigen Stellen haben wir es ganz schön, finde ich, und freue mich darüber. Ich sehe den Spatzen auf dem Balkon zu, ich sehe zu, wie das Licht durch den Vorhang fällt. Ich schlafe ein, ich wache auf, ich mache nichts, ich werde etwas besser darin.

Ich setze mich vor den Computer, aber mich interessiert ja nichts. Dennoch mal davor sitzen, denn da gehöre ich doch hin. Ich klicke lustlos durch die Tabs, aber da ist nichts. Ich denke Musik, vielleicht doch Musik. Und dann dazu etwas schreiben. Ich spiele viele Playlists an, die etwas mit Home-Office im Titel haben, sie sind alle furchtbar. Wirklich schreckliche Musik, so kann man nicht arbeiten, was stimmt denn mit den Leuten nicht, arbeiten die alle in Fahrstühlen.

Ich stelle mich vors Bücherregal mit den uninteressanten Büchern, ich blättere durch die herumliegenden uninteressanten Kochzeitschriften. Ich stehe einfach nur herum und lausche. Der Nachbar singt, das macht er öfter. Er ist aber im entferntesten Teil seiner Wohnung, er klingt dumpf und gedämpft. Er klingt wie ein Mönch in seiner Zelle, betend und singend. Ich finde das beruhigend. Ich würde jetzt vielleicht auch etwas singen, wenn ich mich für einen Song interessieren würde.

Ich gehe spazieren. Man braucht Bewegung, auch wenn man sich für nichts interessiert. Auf einem Mülleimer im Park ein neuer Aufkleber: Wer nicht gegen die Arbeit revoltiert, arbeitet gegen die Revolution.

Ich lese das im Vorbeigehen, ich hebe solidarisch die Faust. Ich bin ein Revoluzzer, allerdings einer, dessen Begleitung beruhigend sagt: „Der tut nichts.“

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