Als ich mit der Herzdame im Kino war und hinterher durch das abendliche Altona ging, fiel ihr auf, dass die Geschäfte in der Einkaufsmeile nicht beleuchtet waren. Ich hätte das nicht gesehen, es gab noch so viel Licht überall, aus den Kneipen, Restaurants etc., auch von den Straßenlaternen. Ich fand um mich herum nichts auffällig dunkel. Aber die Herzdame hatte Recht, natürlich hatte sie das, die Geschäfte waren tatsächlich unbeleuchtet und das war also unser Erstkontakt mit den Energiesparmaßnahmen im urbanen Raum. Bestenfalls mäßig bis gar nicht beeindruckend. Im kleinen Bahnhofsviertel sahen wir dann bei der Rückkehr den Kirchturm vor unserer Haustür nicht, er wird in diesem Winter nachts nicht angestrahlt. Man muss jetzt wissen, dass er da ist. Aber ich weiß es ja, denke ich ins Dunkel, ich weiß es ja. Ich finde Energiesparen gut und ich sehe nachts sowieso nicht prüfend raus, ob der Turm noch da ist. Er ist jetzt Insiderwissen in der Dunkelheit.
Die Temperatur in der Wohnung sinkt erstmals auf 19 Grad, dann weiter auf 18,5. Wir Eltern greifen zu dickeren Pullovern und trinken etwas öfter heißen Tee, die Herzdame hat auch ein Wärmekissen im Rücken. Die Söhne springen nach wie vor eher unbeeindruckt in T-Shirts herum. Ich teste, ob die Heizung überhaupt geht, das ist in diesem Haus nicht selbstverständlich. Sie geht, ich mache sie wieder aus. Ein wenig schaffen wir schon noch ohne.
Online wird mir weiterhin reichlich krisenorientierte Werbung gezeigt. Holzöfchen fürs Wohnzimmer, Powerbanks für den Blackout, kompakte Solaranlagen für den Balkon, Notlagenzubehör aller Art. Auf Tiktok immer wieder die Teelichtofenfilmchen („Leute, es funktioniert wirklich!“), und gleich danach dann die, welche eindringlich vor diesen Konstrukten warnen, kopfschüttelnde Feuerwehrleute, so halb privat („Leute, ganz ehrlich …).
In den Gesprächen die VWL-Erklärbaren, die Inflationsversteher, die Energiemarkttopchecker. Ich halte mich zurück, ich verstehe gar nichts. Jemand in Uniform hält mir ein unscharfes Bild hin: „Kennen Sie diese Inflation?“ Ich, verstockten Blickes, vorsichtig taktierend: „Nein, die habe ich noch nie gesehen.“
Auf der Straße im Vorbeigehen gehört, eine junge Frau sagte das zu ihrer Freundin: „Im Grunde geht mir gerade alles, wirklich alles viel zu schnell.“ Sie gingen dann beide schnell weiter.
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