Loreley extra cuvée

Ich höre auf dem Weg zur Arbeit den Felix Krull von Thomas Mann, gelesen von Boris Aljinovic. Später am Vormittag zitiert ein Kollege bei einem Meeting aus dem Felix Krull und versteht nicht, wieso ich ihn einigermaßen entgeistert ansehe. Literarische Zitate sind nun nicht eben häufig im Büro, es fügt sich also äußerst merkwürdig. Ich gehe nach der Arbeit nach Hause, ich mache den Computer an und sehe in den Feedreader, der erste Text ist einer aus einem Literaturblog, es geht da um den Felix Krull. Und das soll dann alles wieder nur Zufall sein, ist klar. Man möchte manchmal doch, um im Bild und im Buch zu bleiben, eine Bouteille Loreley extra cuvée auf solche Vorkommnisse trinken, nicht wahr, das war der schaurig schlechte Schaumwein, den der alte Krull in seiner bald bankrotten Kellerei abfüllte.

Ein Sohn war krank, ein Sohn wird krank, die Herzdame schwächelt, ich huste. Lazarettmeldungen, wie aus nahezu allen Familien, aber uns geht es ja noch gold, das auch nicht vergessen. Meine Mutter ist währenddessen im Krankenhaus gelandet, das ergibt wieder weitere Wege und Besorgungen, dabei kann ich viel Felix Krull hören, man muss sich immer die Vorteile heraussuchen. Der Krull hat immerhin 14 Stunden, man kann mit ihm etwas herumkommen. Da der eine Sohn neulich in einem anderen Krankenhaus war, besuchte ich jetzt also innerhalb von sieben Tagen zwei Krankenhäuser, auch das ist eine Premiere, eine seltsame, vielleicht aber eine altersgerechte, sandwichgenerationkonforme Premiere. In beiden Krankenhäusern gab es übrigens enorm freundliches Personal, das muss auch einmal irgendwo stehen.

Ich lese abends im Joseph Roth weiter, noch bei „Rechts und Links“ stolpere ich über das Wort Tattersall, da geht nämlich jemand im Tattersall reiten, und zwar tut er das so selbstverständlich, dass es etwas merkwürdig ist, wie unbekannt mir das Wort vorkommt. Ich schlage es also nach: Tattersall. Guck an, wieder etwas gelernt. Ich lese danach „Die Filiale der Hölle auf Erden“, seine politischen Schriften aus dem Exil, und ähnlich wie bei der Sagan muss ich auch dabei dauernd denken: Was für ein intelligenter Mensch das war. Beeindruckend. Hellsichtig und scharfsinnig, so möchte man manchmal auch sein, und dann denkt man bei den nächsten Nachrichten wieder nur wie immer: „Ich weiß es doch auch nicht.“ Jetzt liegt hier jedenfalls „Die Geschichte von der 1002. Nacht“, und das ist so etwas, da bin ich nicht sicher, ob ich es schon einmal gelesen habe oder nicht. Auch schlimm.

Bei den Hörbüchern führe ich eine Liste und kann nachsehen, was ich kenne und was nicht, bei den gelesenen Büchern habe ich das nie getan.

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Ich stehe sonst viel im Wohnzimmer herum und sehe raus, wofür es wichtige Gründe gibt. Die Herzdame hat nämlich an unseren Meisenbällen einen Buntspecht gesehen und ich noch nicht, wir führen hier Neiddebatten, das können Sie sich nicht vorstellen.

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Ungeduldige Menschen wie ich übersehen manchmal gute Videos, weil sie zu schnell weg- und weiterklicken. Hier etwa, fast verpasst, dass das kein gewöhnliches Video dieses sattsam bekannten Songs ist. Mal ein paar Sekunden laufen lassen und dann sehen, wie gut Frank Sinatra dieses Lied bei dem Auftritt nicht nur singt, sondern spielt. Hervorragend. Man möchte es gleich als einzig gültige Version abspeichern. Text übrigens von Johnny Mercer, der auch Moon River geschrieben hat. Und hier noch viel mehr zum Song.

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Und sollten Sie Bedarf an etwas heiterer Laune haben, dann vielleicht diese beiden …

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Ein Kommentar

  1. Tja, Herr Buddenboom, nicht nur der Herr Auster kann ein rotes Notizbuch mit Zufallssituationen füllen 😉

    Und ich lese hie wie da sehr gerne….

    Mit *Gutebesserungsgrüßen* an die Betroffenen
    Gabriela

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