Ich komme wegen des Trickbetrugs

Die Söhne hatten am Wochenende Übernachtungsbesuche, ich stand morgens in den Kinderzimmern, belehrte über Lüftungsverhalten und erwähnte Pumakäfige, dann ging ich vor den Spiegel, sah mich streng an und sagte „Okay, Boomer“. Manches doch lieber selbst erledigen, dann müssen es nicht andere machen, das gilt auch für naheliegende Schmähungen. Meine Güte, wenn man sich manchmal als Elternteil selbst so reden hört – auch schlimm.

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Wir haben Ostern aus dem Keller geholt.

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Im Rahmen des 23er Programms der Alltagsdurchbrechung waren wir mit Freunden in einem Restaurant, das ich bei der Gelegenheit wieder einmal empfehlen kann, nämlich das La Famiglia im kleinen Bahnhofsviertel. Es liegt etwas abseits der üblichen Ausgehmeile, falls Sie aus dörflicher, vorstädtischer oder anderweitig idyllischer Umgebung anreisen, ist das Umfeld dort vielleicht ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die Innenausstattung ist außerdem, wie soll ich sagen, mindestens denkwürdig und vermutlich aufschlussreich für die Kulturgeschichte der frühen Achtziger, das Essen aber ist hervorragend, und die Preise sind, wenn man die Inflation im Sinn behält, und wer würde das nicht permanent tun, angemessen.

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Apropos Inflation, der März ist nach meinen selbstverständlich jederzeit akribischen Aufzeichnungen der bisher teuerste Monat für diesen Haushalt, wobei ich ausschließlich die Lebensmitteleinkäufe betrachte und keine ungewöhnlichen Vorkommnisse in den letzten Wochen habe. Business as usual eben, nur teurer, so viel teurer. Die momentane Abweichung zum theoretisch veranschlagten Richtwert „Lebensmitteleinkauf/Monat“ beträgt, da wird es faszinierend, exakt die Inflationsrate. Immer schön, wenn alles aufgeht. Aber das Geld fehlt dennoch. Problem. VW-Vorstand hätte man werden sollen, aber das führt wieder zu weit und man würde auch unentspannter bloggen, denke ich.

Und wie so teuer der Kaffee, und wie so rar das Geld …“ Wir kommen in der Geschichte voran und kreisen immer zurück, etwa zu Heinrich Heine und seinen Kinderspielen. Das hatte ich schon einmal, ich weiß, aber ich mag es sehr und es passt immer wieder, und es ist mir auch eines der liebsten Gedichte von ihm. So ein schlichtes, erzählendes, unvermittelt rührendes Gedichtchen. Er war sehr, sehr groß in so etwas.

„Vorbei sind die Kinderspiele, und alles rollt vorbei, das Geld und die Welt und die Zeiten, und Glauben und Lieb und Treu.“

Allein diese Zeilen. Wunderbar.

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Ich erhalte eine Spam-Mail, die den Betreff „Spam-Spende“ hat und staune etwas. Wie kann denn eine Spam-Mail erfolgreich sein, wenn sie Spam-Mail heißt? Ist es nicht so, als würde es an der Tür klingeln und jemand sagen: „Ich komme wegen des Trickbetrugs, guten Tag.“ Die Welt wird immer wundersamer, wird sie nicht?

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Home-Office am Montag, mitten am Tag wird es auf einmal dunkel, stockdunkel, das liegt am frischen Schnee auf dem Dachfenster. Der Blick in den Wetterbericht verheißt wenig Hoffnungsvolles für die nächsten Tage. Es häufen sich die Beschwerden von Menschen mit Gärten, man kommt zu nichts, die Saison geht nicht los, überall Verzögerungen, der März wird vor der Zeit verloren gegeben. Ich gehe durch den Regen zum Einkauf, zwischendurch wird Graupel daraus, dann Schnee, dann Hagel, dann Geniesel, zwischendurch gleißende Sonne auf der nassen Stadt und auf den höchst genervten Menschen, denen man die Unzufriedenheit mit dem Wetter allzu deutlich ansieht. Ich höre beim Gehen die letzten Kapitel der Reise um die Erde in achtzig Tagen von Jules Verne und halte mich an das leuchtende Vorbild Phileas Fogg, der alle äußeren Einflüsse stets ignoriert und sich konsequent weigert, sich auch nur ansatzweise aufzuregen. „Ich rege mich nicht auf“, denke ich und stapfe stoisch durch den Schnee zum Discounter, „nein, ich rege mich nicht auf.“

Hauptsache, man macht weiter und kommt pünktlich irgendwo an. Ich kann mit dieser literarischen Figur viel anfangen, genau so soll Literatur sein. Wäre ich jung, ich würde etwas mit Literatur und Psychologie studieren wollen, nur um ein unterhaltsames Grundlagenwerk über Neurodivergenz und Literaturgeschichte zu schreiben.

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Im Bild diesmal ein Blick über den Hamburger Rathausmarkt bei aktueller Wetterlage, rechts im Bild St. Petri. Etwas weiter rechts, nicht mehr im Bild, steht Heinrich Heine aus Bronze und grübelt immer weiter unter dem wechselnden Hamburger Himmel.

Blick über den Rathausmarkt auf St. Petri bei Regenwetter, am Himmel ein doppelter Regenbogen

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Ein Kommentar

  1. Ist es in Anbetracht des Vergleichs zu Wildtier-Ausdünstungen noch angemessen von „Kinder“zimmern zu reden?

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