Amselaugen

Mittwoch, der 12. Juli. Die Kinder haben heute noch einen albernen, im Grunde vollkommen sinnlosen halben Schultag, dann haben sie sechs Wochen Ferien. Ich dagegen habe wieder mein übliches Neidproblem und vermutlich einen leicht grünlichen Teint. Nun.

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Es gab Zeugnisse. Ein Sohn hat den Lehrkräften darauf mit Rot einen Ausdrucksfehler angestrichen, und falsch ist seine Korrektur nicht, ganz und gar nicht, es ist mehr ein Fall von „Treffer, versenkt.“ Es ist selbstverständlich dennoch ein absolut ungehöriges Benehmen und ich werde angemessen streng gucken. Sobald ich aufgehört habe, darüber zu lachen.

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Eine Meldung im Guardian über Krähen und Elstern, welche stachelige Vogelabwehrmaßnahmen zu ihrem Vorteil ausnutzen. Bei uns auf dem Balkon haben die Elstern währenddessen dem Nachwuchs beigebracht, wie das mit den Erdnüssen hier läuft. Szenen wie in einem Tierfilm gab es da direkt vor dem Fenster, das war großartig.

Neulich habe ich im Garten kurz auf einem Stuhl gesessen und einen Moment gar nichts gemacht, da kam eine Amsel über den Rasen gehüpft, ruhig und beschäftigt mit ernsthafter, emsiger Wurmsuche. Sie guckte kurz zu mir hoch, ob ich dabei irgendwie stören würde, fand mich dann aber wohl harmlos oder jedenfalls irrelevant und kam mir näher, als ich je eine Amsel erlebt habe. Sie saß dann wenige Zentimeter neben meinen Füßen und sah noch einmal prüfend hoch, mir in die Augen, und wissen Sie was, es ist merkwürdig bewegend, mit so einem kleinen Vogel längeren Augenkontakt zu haben. Ich habe „Guten Abend“ gesagt, aber die Amsel nickte nur und fand dann doch wieder Würmer interessanter als mich. Nachvollziehbar.

Ein weiterer Bürotag war es ansonsten, wenig bemerkenswert, immerhin mit Regen und frischer Luft zwischendurch, die schwallartig durchs Gebäude in Hammerbrook wehte, wenn irgendwo Fenster oder Türen aufgingen. Immer das Bedürfnis dabei, die Arme im Zugwind hochzureißen und „Schön!“ zu rufen. Es ging erfreulicherweise nicht nur mir so, man will ja nicht auffallen. Also jedenfalls nicht noch mehr als sonst.

Im Bild wieder die sanfte Schönheit Hammerbrooks.

Ein abgestellter, besprühter Container unter dem S-Bahn-Viadukt in Hammerbrook

An diesem Tag werden außerdem die Tode von Heide Simonis und Milan Kundera gemeldet. Ich habe, und es ist mir eigentlich unklar, warum das so ist, von ihm nichts gelesen, das könnte auch einmal nachgeholt werden, etwa im Urlaub. Das mal vormerken! Am Abend trinke ich in ehrender Absicht ein Glas auf Heide Simonis und lese einiges zu ihr nach, ich gehe dann nach dem Absingen der Schleswig-Holstein-Hymne ins Bett. Wahre treu, was schwer errungen, das gilt definitiv auch für Frauen in der Politik.

Auf den Einkaufswegen habe ich weiter Golo Manns Nazistaat gehört, die Erzählstimme von Claus Biederstaedt ist mir sehr angenehm.

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